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#lesen.bayern » Digitales Lesen

Digitales Lesen

Dass dem digitalen Lesen hier eine eigene Seite gewidmet wird, bedeutet nicht, dass sich die anderen Hinweise, Ausführungen und Materialien nicht auch auf das Digitale beziehen können bzw. übertragbar sind.

Vielmehr wird der Tatsache Rechnung getragen, dass das digitale Lesen als großes gesellschaftlich relevantes, pädagogisch-didaktisches, sprachwissenschaftliches Thema im Raum steht. Deshalb soll hier Folgendes geleistet werden:

  1. Definition digitaler Texte in Abrenzung zu analogen Texten
  2. Tipps zum Umgang mit digitalen Texten in der Schule

a) Das Dekodieren von Texten unterstützen

b) Herangehensweise bei der Recherche im Internet  

c) Textverständnis durch Lesestrategien bei digitalen Texten

d) Anschlusskommunikation und abschließende Bewertung digitaler Texte

1. Definition digitaler Texte in Abrenzung zu analogen Texten

Auch wenn das analoge und das digitale Lesen viele Gemeinsamkeiten aufweisen und auch die Leseleistungen von Schülerinnen und Schüler bei digitalen Texten mit denen von analogen Texten korrelieren, so weist das digitale Lesen doch Besonderheiten auf.

Kennzeichnend für das digitale Lesen sind

  • Aufhebung der linearen Leserichtung durch Hypertextstrukturen
  • der Umgang mit multiplen digitalen Dokumenten
  • das Bewerten und Reflektieren von Texten

(Hahnel, Goldhammer, Naumann & Kröhne (2016) und Philipp (2020b) (nach Glondys, Wild (2020))

2. Tipps zum Umgang mit digitalen Texten in der Schule

Dies bedeutet auch, dass Lehrkräfte die Leseförderung in den Schulen entsprechend anders gestalten und neben Lesestrategien für das analoge Lesen die Erweiterung um spezifische digitale Strategien erforderlich werden. Was aber bedeutet das ganz konkret  für die Recherche von und das Navigieren in multiplen Texten und welche Strategien benötigen Schülerinnen und Schüler?

a) Das Dekodieren von Texten unterstützen

Sogenannte „fluide Layouts“ erweisen sich bei digitalen Texten als günstig, d.h. dass die Bildschirmelemente relativ zur Bildschirmauflösung skaliert und positioniert werden. Eine Entlastung beim Dekodieren können Lehrkräfte, wenn sie digitale Texte bereitstellen, außerdem schaffen durch:

  • ausreichend große Schriftgröße
  • (linksbündigen) Flattersatz
  • ausreichenden Buchstaben- sowie Zeilenabstand
  • eine Zeilenlänge mit nicht mehr als acht Wörter, um (horizontales) Scrollen zu vermeiden
  • Kennzeichnung von Absätzen durch eine Leerzeile oder Einrückungen

b) Herangehensweise bei der Recherche im Internet 

Sich nicht in der unerschöpflichen Menge digitaler Texte im Internet zu verlieren und überhaupt relevante Informationen zu finden, ist wohl eine der größten Herausforderungen für Schülerinnen und Schüler. Wichtig und hilfreich für die Leserinnen und Leser ist deshalb ein klares Lese-/Rechercheziel, das Schülerinnen und Schülern durch eine problemorientierte Aufgabenstellung entwickeln können und diese immer vor Augen haben sollten. Passende Schlagwörter und Schlüsselbegriffe auf dieses Leseziel abzustimmen, ist eine weitere herausfordernde Aufgabe. Hierbei helfen kann z. B. eine vorab erstellte Mindmap (vgl. Methodenkarte #Lesen digitaler Texte). Und schließlich stellt nicht zuletzt die Einordnung und Bewertung der Links im Hinblick auf ihre Seriosität eine Hürde dar.

Tipps:

  1. Für den Lernprozess ist es deshalb hilfreich, die Fülle an Links und Klickmöglichkeiten zu reduzieren und beispielsweise mit Kindersuchmaschinen zu arbeiten, die bereits eine Vorauswahl an Websites treffen, oder eine digitale Lernumgebung gezielt vorzubereiten (vgl. dazu z. B. WebQuest).
  2. Um Schülerinnen und Schüler dann an die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit von Texten heranzuführen, ist es sinnvoll, nicht nur qualitativ gute, von der Lehrkraft vorausgewählte Texte in den Unterricht einzubeziehen, sondern Kinder und Jugendliche bewusst auch mit Informationen unterschiedlicher Seriosität und Güte zu konfrontieren.
  3. Das praktische Wissen um Steuerungsfunktionen des Browsers und z. B. die Möglichkeit, vor- und zurückzuspringen, unterstützt Schülerinnen und Schüler beim Navigieren und spart kognitive Ressourcen, die dann für Leseprozesse zur Verfügung stehen.
  4. Da Schülerinnen und Schüler dazu tendieren, ihre Lesefähigkeiten im Digitalen zu überschätzen, ist es wichtig, ihnen kontinuierlich Feedback zu geben und Strategien zu vermitteln. Das Modellieren von Strategien mit der Methode des Lauten Denkens durch die Lehrkraft, ist auch hier sehr empfehlenswert.

c) Textverständnis durch Lesestrategien bei digitalen Texten

Digitale Texte sind multimodal, hypertextuell und damit per Definitionem i. d. R. recht komplex. Umso wichtiger werden metakognitive Kontrollstrategien, die es Schülerinnen und Schülern erlauben, ihr Leseziel im Blick zu behalten, gezielt Links auszuwählen, denen sie folgen, und Ablenkungen bewusst zu vermeiden. Skimming- und Scanning-Strategien, um zu entscheiden, ob und wie relevant und vertrauenswürdig ein Suchmaschinentreffer ist, sind deshalb essentiell wichtig.

Anschließend muss aber auch in den Modus des deep readings gewechselt werden, wenn es um das Erschließen eines konkreten Texts und dessen (komplexer) Inhalte und Zusammenhänge geht – hier bedarf es dann einer bewussten Verlangsamung des Leseprozesses: Im Text zurückzugehen oder zu entscheiden, Passagen mehrfach zu lesen – all das erfordert permanente Metakognition. „Klassische Lesestrategien“ wie das Markieren von Schlüsselwörtern im Text und das Erstellen von Notizen als elaborierende Strategie sind auch digital möglich und sinnvoll.

Hilfreich dabei ist für Texte, die als digitales Dokument vorliegen, die Methodenkarte digitales analytisches Lesen von #lesen.bayern.

d) Anschlusskommunikation zu und abschließende Bewertung von digitalen Texten

Digitales Lesen – social reading

Das digitale Lesen bietet aber auch vielfältige Wege für einen für das Verstehen von Texten wichtigen kreativ-produktiven Umgang. So kann das social reading eine authentische Möglichkeit für Kinder und Jugendliche sein, den Lesevorgang über das Rezipieren hinaus zu erweitern – durch Formen der Interaktion und Anschlusskommunikation über das Gelesene im öffentlichen Bereich, z. B. in Form von Blogeinträgen, Wikis, Apps oder durch Kommunikation in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram und Twitter. Am Lernort Schule ist dies, die dort geltenden Datenschutzrichtlinien beherzigend, beispielsweise im geschützten Raum einer Lernplattform wie mebis mit Aktivitäten in einem Forum, Wiki oder Chat möglich.

Kritisches Lesen in Zeiten von Fake News (vgl. auch Methodenkarte)

Lesen bedeutet, Wissen zu erwerben, Vorstellungen aufzubauen, Wirklichkeit zu konstruieren, sich eine Meinung zu bilden, die Aussagen, Inhalte und Absichten eines Textes kritisch zu hinterfragen und zu reflektieren. Insbesondere im digitalen Zeitalter gilt es, relevante und verlässliche Informationen von Fake News zu unterscheiden. Leseförderung und -erziehung gehen einher mit der Aufgabe, bei den Schülerinnen und Schülern ein Bewusstsein für die Notwendigkeit der kritischen Auseinandersetzung und des Urteilens zu schaffen. Dies gilt für die Nachrichten in digitalen Medien ganz besonders. Damit wird im Sinne der schulart- und fächerübergreifenden Bildungs- und Erziehungsziele, insbesondere der Politischen Bildung und der Medienbildung, ein Baustein zur Grundlage für die gesellschaftliche Teilhabe als mündige Bürgerin/mündiger Bürger gelegt.

 

Quellen: Feierabend, 2013, S. 20–28; Wild, Glondys, 2020, S. 641–650; Philipp, 2018, S. 127.

Hilfe: Vertiefende Literatur

  • Feierabend, S. (2013). Unstandardisiertes Lesen in der digitalen Welt nimmt zu. In J. F. Maas, S. C. Ehmig (Hrsg.) (2013). Zukunft des Lesens. Was bedeuten Generationswechsel, demografischer und technischer Wandel für das Lesen und den Lesebegriff? Mainz: Stiftung Lesen. S. 20 – 28.
  • Riethmüller, Heinrich: Lesekultur im Wandel (Essay), S. 34 – 35
  • van der Broeck, Paul et al.: Der Kontakt zu unserer Kultur steht aus dem Spiel. Acht Leseforscher  aus verschiedenen Disziplinen antworten auf Fragen zum Einfluss der Digitalisierung, S. 36 – 40
  • Wampfler, Philippe (2019): Das Netz lesen – eine Anleitung für nicht-lineare Lektüre. In: Krommer, A. u. a. (2019): Routenplaner #digitale Bildung. Auf dem Weg zu zeitgemäßer Bildung. Eine Orientierungshilfe im digitalen Wandel, S. 29 – 38.
  • Philipp, Maik: Analoges versus digitales Lesen – 1:0? In: Arbeitskreis für Jugendliteratur (2020):  #read! Lesen im digitalen Wandel – Chancen, Herausforderungen und Konsequenzen, JuLit 1/20, S. 3–10. 

Praktische Hinweise und Links

Methodenkarten zum digitalen Lesen, wie z. B. das digital-analytische Lesen, die Grundmethode Schritt für Schritt digital, Strategien zum Umgang mit Fake News und zur Referenzialität.

Bei #lesen.bayern erhalten Sie viele FiLBY-2-Texte als E-Book (mit Hördateien).

Die Stiftung Lesen empfiehlt von einem Gremium geprüfte Apps und digitale Angebote zum „Lesen mit App”.

Lese- u. Sprachförderung bietet auch die App eKidz, z. B. für das Training der Leseflüssigkeit, auch für DaZ-Kinder oder Willkommensgruppen.

Kompetenter Umgang mit Medien und digitalen Texten: Tipps gibt's von klicksafe.

Bitte beachten Sie zu allen genannten Verlinkungen den entsprechenden Disclaimer im Impressum.

Dr. Johannes Wild und Prof. Dr. Jan Boelmann zum digitalen Lesen:

Zwei Antworten aus der Wissenschaft auf die Frage „Was ist digitales Lesen”:

Dr. Johannes Wild, Akademischer Rat am Lehrstuhl für Didaktik der deutschen Sprache und Literatur der UR, im Kurzinterview zum Digitalen Lesen.
(Das Interview führte Matthias Ott, AK #lesen.bayern, im Herbst 2019.)

Prof. Dr. Jan M. Boelmann, Professor für deutsche Literatur und ihre Didaktik an der PH Freiburg, über die Veränderung des Blicks auf die Fragen „Was wird gelesen?” und „Wie wird gelesen?” durch die sogenannte „digitale Wende”.

Digitale Tools im Deutschunterricht

eine tolle Sammlung digitaler Tools und Links in drei Teilen, bereitgestellt von Melissa Schneider, Akademiereferentin der ALP für Deutsch (GY, RS, Berufl. Schulen):