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Rollierende Lesestunde

Die rollierende oder rotierende Lesestunde ist eine besonders gute und einfache Möglichkeit, Leseflüssigkeit in der Unterstufe der weiterführenden Schulen systematisch und nachhaltig in allen Fächern zu fördern.

Das Lesenlernen ist nicht mit dem Ende der Grundschulzeit abgeschlossen und gerade in der 5. und 6. Klasse der weiterführenden Schulen ist es lohnend (und häufig notwendig), das Leseflüssigkeitstraining fortzuführen, um dann mit weiteren Lesestrategietrainings darauf aufzubauen und das Textverstehen zu trainieren. Das gemeinsame Vorgehen der Lehrkräfte bei der rollierenden Lesestunde macht einerseits den Schülerinnen und Schülern gegenüber deutlich, dass das Lesen für alle Fächer wichtig ist, andererseits ist so die Zeit, die in das Training investiert wird, gleichmäßig verteilt, sodass das Training in den einzelnen Fächern zeitlich gut überschaubar ist und nicht zu Lasten der Behandlung von Fachinhalten geht.

Die Lesestunde rolliert durch den Stundenplan einer Klasse, d. h., wöchentlich verschiebt sich die Lesestunde. Begonnen wird Montag in der ersten Stunde, in der darauffolgenden Woche geht es in der zweiten Stunde weiter usw. (ggf. kann an Schulen mit Doppelstundenprinzip natürlich auch direkt von der ersten auf die dritte Stunde gesprungen werden). So wird gewährleistet, dass alle Fächer und Lehrkräfte gleichermaßen involviert sind – schlussendlich profitieren ja auch alle Fächer vom Lesetraining. Vertretungsstunden können hier selbstverständlich auch entsprechend einbezogen werden. Dieses Training kann dann drei Mal im Schuljahr über einen Zeitraum von fünf bis sechs Wochen erfolgen.

Federführend betreut sollte die Lesestunde von der Deutschlehrkraft werden, ein Test der Lesegeschwindigkeit zu Beginn und am Ende einer Trainingseinheit empfiehlt sich als grundlegende Diagnostik unbedingt und auch die Beratung der Fachkolleginnen und -Kollegen im Jahrgangsstufenteam schafft optimale Rahmenbedingungen für das Training.

Idealerweise werden für das Lesen in unterschiedlichen Fächern auch fachlich passende (Sach-)Texte ausgewählt. Diese sollten innerhalb eines Trainingszyklus die gleiche Länge und den (etwa) gleichen Schwierigkeitsgrad haben, da nur dann Lesefortschritte auch messbar werden und sich auf die verbesserte Kompetenz zurückführen lassen. Das ist besonders wichtig für die Motivation der Schülerinnen und Schüler, denn so erleben sie: Training zahlt sich aus.

Hilfreich für die Einschätzung der Textkomplexität und deren Passung zum Niveau der Kinder ist das Tool RATTE (= Regensburger Analysetool für Texte).

Im Arbeitsheft zu Filius von ELiS (Evidenzbasierte Lese­förderung in Schulen), einem euro­päischen Kooperations­projekt, finden sich beispielsweise geeignete Texte aus verschiedenen Themenbereichen. 

Die Eltern spielen eine entscheidende Rolle bei der Lesesozialisation ihrer Kinder und es ist von großem Vorteil, wenn sie den Leselernprozess begleiten. Ein Elternbrief zu Beginn des Schuljahres sollte deshalb über die Notwendigkeit und den Nutzen der Leseförderung und explizit der rollierenden Lesestunden informieren.

Das Lesen wird im Lesetandem trainiert. Dieses Training läuft immer gleich ab: Auf ein Startsignal hin lesen eine leseschwächere Schülerin/ein leseschwächerer Schüler (Sportlerin/Sportler) und eine lesestärkere Schülerin/ein lesestärkerer Schüler (Trainerin/Trainer) einen Text. Der Text wird viermal gelesen. Die Zusammensetzung des Lesetandems sollte über eine längere Trainingsphase beibehalten werden. Die Lesepartner lesen synchron und halblaut. Sie versuchen gemeinsam, das geeignete Tempo zu finden und sich aufeinander abzustimmen. Die Trainerin/der Trainer zeigt mit dem Finger mit. Bei Fehlern wird das Lesen unterbrochen. Ziel ist es, dass der Fehler von der Sportlerin/vom Sportler selbst erkannt und korrigiert wird. Nachdem der Fehler geklärt ist, wird wieder am Satzanfang begonnen. Wenn sich die Sportlerin oder der Sportler sicher fühlt, kann sie oder er der Trainerin bzw. dem Trainer ein vorher vereinbartes „Allein-Lese-Zeichen“ geben, dass sie oder er allein weiterlesen möchte. Die Trainerin bzw. der Trainer liest nun nur noch leise mit.

Grundlegend für des Lesetandems ist eine kurze Lernstandserhebung, sodass die Tandems zusammengestellt werden können:

Die Erhebung der Lesefähigkeit erfolgt mit Hilfe des Laut-Leseprotokolls. Jedes Kind liest 60 Sekunden einen von der Lehrkraft ausgewählten Text vor. Die Lehrkraft markiert die stockend oder falsch gelesenen Wörter sowie die Stelle, bis zu der das Kind gekommen ist. Auf der Basis der Auswertung des Laut-Leseprotokolls werden (ggf. auch unter Berücksichtigung der sozialen Komponente) die Lesetandems zusammengestellt. Bei 30 Schülerinnen und Schülern in einer Klasse trainieren der 1. und der 15. „Listenplatz“, der 2. und der 16., der 3. und der 17. usw. jeweils zusammen in einem Tandem.

Fächerübergreifende Texte für die rollierende Lesestunde

Für die rollierende Lesestunde bieten sich neben Texten aus den jeweiligen Fächern auch fächerübergreifende Themen an.

Hier finden Sie eine erste Auswahl an Texten, die genutzt werden können. Die Sammlung wird ergänzt.

Damit Schülerinnen und Schüler gut mit bzw. aus Texten lernen können,  sollten diese neben einer nachvollziehbaren Struktur eine angemessene Schwierigkeit aufweisen. Eine erste Einschätzung erlauben sogenannte Lesbarkeitsindizes. Sie können computergestützt berechnet werden. Basierend auf sprachstatistischen Verfahren drücken Lesbarkeitsindizes die Schwierigkeit eines Textes als Zahlenwert aus. Dazu werden Textoberflächenmerkmale wie die Wort- und Satzschwierigkeit herangezogen (vgl. Groeben 1978, 149). Inhaltliche Merkmale gehen nur indirekt mit ein. Wir geben jeweils den gSmog (Simple Measure of Gobbledygook von Harry McLaughlin) an.

Der gSmog gibt beispielweise die Jahrgangsstufe an, für die ein Text passend ist: Etwa besagt ein gSmog von 5, dass ein Text von einer/m durchschnittlich lesenden Fünftklässler/in problemlos lesbar ist.

Um sich bzw. ihre Lesekompetenz weiterzuentwickeln, brauchen Schülerinnen und Schüler ein Angebot, das sich in der Zone der nächsten Entwicklung befindet und das sie mit Unterstützung erreichen können. Lernende in der 5. Jahrgangsstufe würden demzufolge einen Text mit einem gSmog von ca. 6 angeboten bekommen.

Jahrgangsstufe 4

Thema: Medien; gsmog: 4,6/ Wörteranzahl: 394

©BR/Olga-Louise Dommel und Simone Wichert;

in Lizenz der BRmedia Service GmbH

Thema: Social Media, gSmog: 5.4/ Wörteranzahl: 356

Quelle: Stuttgarter Kinderzeitung

Mit dem Regensburger Analysetool für Texte kann der gSmog beliebiger eigener Texte bestimmt werden.

 

 

Jahrgangsstufe 5

Thema: Ernährung, Biologie; gSmog: 5.68/ Wörteranzahl: 843

Thema: Cybermobbing; gSmog: 5,66/ Wörterzahl: 543

Thema: Cybermobbing; gSmog: 6.06 / Wörteranzahl: 562

Thema: Cybermobbing; gSmog: 6,16/ Wörterzahl: 522

Thema: Social Media; gsmog 6.12/ Wörteranzahl 289

©BR/Mischa Drautz und Simone Wichert; in Lizenz der BRmedia Service GmbH

Jahrgangsstufe 6

Thema: Ernährung, Tiere; gSmog: 6.46 / Wörteranzahl: 819

Thema: Computer; gsmog: 6.83/ Wörteranzahl: 593

©BR/Silke Schmidt-Thrö und Simone Wichert; in Lizenz der BRmedia Service GmbH

Thema: Nachhaltigkeit; gSmog: 7,19 / Wörteranzahl: 735

Thema: Nachhaltigkeit; gSmog: 7.4/ Wörteranzahl: 759

Thema: Corona-Pandemie; gSmog: 7.37/ Wörteranzahl: 360 Zeichen

Quelle: Stuttgarter Kinderzeitung

Thema: Mode; gSmog: 7.42/ Wörteranzahl: 748

Jahrgangsstufen 7 und 8

Thema: Big Data; gSmog: 7.77/ Wörteranzahl: 789

Thema: Daten und Darstellungsformen; gSmog: 8.6/ Wörteranzahl: 821

Thema: Maschinenlernen; gSmog: 8.54/ Wörteranzahl: 790

Thema: Big Data; gSmog: 9.32/ Wörteranzahl: 829

Thema: Ernährung; gSmog: 8.95/ Wörteranzahl: 819