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Juli Zeh, Elisa Hoven: Der war's

Besprechung

Bei dem Kinderroman „Der war`s“ von Juli Zeh und Elisa Hoven handelt es sich um eine spannende Kriminalgeschichte. Marie, dem beliebtesten Mädchen der Klasse 6a, werden die Pausenbrote gestohlen. Dabei handelt es sich aber nicht um gewöhnliche Pausenbrote, sondern Maries Mutter scheint eine wahre Leidenschaft zu haben, ihrer Tochter ganz besondere Supersandwiches mit in die Schule zu geben. In Maries Pausenbox finden sich Kreationen wie Vollkornbrot mit Auberginen-Couscous-Petersilien-Aufstrich oder Kürbisbrot mit Rucola-Creme und Pinienkerne. Wer als Sandwich-Dieb in Betracht kommt, scheint schnell klar zu sein: Es handelt sich um den sehr tierlieben Außenseiter Konrad, der neu in die Klasse gekommen ist und noch keinen richtigen Anschluss gefunden hat. Statt auf dem Schulhof verbringt Konrad die Pausen lieber allein im Klassenzimmer. Die Beweislast gegen Konrad scheint erdrückend zu sein, da sogar ein Handy-Foto von ihm kursiert, das zeigt, dass er sich an Maries Schultasche zu schaffen gemacht hat. Das Foto verbreitet sich schnell in den Chats der Schule, wobei die Schülerinnen und Schüler nicht vor zurückschrecken, das Foto von Konrad zu bearbeiten und zu verunglimpfen. Konrad selbst ist sich jedoch keiner Schuld bewusst und beteuert seine Unschuld. Schließlich kommen die Schülerinnen und Schüler der 6a auf die Idee, in einem Gerichtsverfahren über Konrads Schuld oder Unschuld zu verhandeln. Hierzu recherchieren die Kinder zunächst im Unterricht bei Herrn Schildelbart-Bunsemann, der sich breitschlagen lässt, zusammen mit der Klasse einen Lehrfilm über Strafprozesse zu schauen. In der Pause versammeln sie sich dann auf dem Fußballplatz, wo sie anhand einer Skizze den Gerichtssaal nachstellen. Es stellt sich jedoch schnell heraus, dass sich ihr Verdacht gegenüber Konrad nicht halten lässt, denn auch für die Klasse 6a gilt jetzt der Rechtsgrundsatz der Unschuldsvermutung, nach dem ein Angeklagter bis zum rechtskräftigen Beweis seiner Schuld als unschuldig zu gelten hat. Den schlagenden Beweis für Konrads Unschuld findet schließlich Konrads Verteidiger Mika, der von Torben, der im Prozess als Staatsanwalt auftritt, nicht überzeugt ist. Torben hat nämlich behauptet, er könne den Superbeweis liefern. Am Ende ist es jedoch Mika, der den entscheidenden Beweis vorlegen kann. Zwar hat sich Konrad an Maries Schultasche zu schaffen gemacht, auf dem Foto ist aber nicht zu sehen, dass er ein Sandwich entnimmt, sondern bei Vergrößerung des Fotos etwas Weißes in der Hand hat. Die Vermutung, dass es sich um einen Erpresserbrief handelt, räumt Konrad schließlich selbst aus dem Weg, indem er sein Schweigen bricht und eine Aussage macht: Er hat Marie heimlich einen Liebesbrief in die Schultasche gesteckt, den er dann auch der gesamten Klasse vorliest. Nachdem Konrads Unschuld geklärt ist, geben die Kinder jedoch nicht auf. Zusammen mit Konrad wollen sie nun dem wahren Sandwich-Räuber auf die Schliche zu kommen. Dieser entpuppt sich schließlich als Hartmut der Schulhund. Das Buch wurde sehr stimmungsvoll und liebevoll von Lena Hesse illustriert.

Didaktische Hinweise

Bei „Der wars“ handelt es sich nicht nur um eine spannende und lehrreiche Lektüre, sondern der Roman kann auch sehr gut zusammen mit einer Grundschulklasse gelesen werden. Dabei lernen die Schülerinnen und Schüler nicht nur von zwei Expertinnen – Juli Zeh ist derzeit ehrenamtliche Richterin am Brandenburger Landesverfassungsgericht, Elisa Hoven ist Professorin für Strafrecht an der Universität Leipzig und Richterin am Sächsischen Verfassungsgerichtshof – wie man professionell mit Konflikten umgeht und wie das deutsche Rechtssystem funktioniert, sondern sie können ihre eigenen Handlungen und ihren Sinn für Gerechtigkeit hinterfragen. Das trifft besonders auf die Szene zu, als sich viele der Schülerinnen und Schüler dazu hinreißen lassen, den Verdacht gegenüber Konrad unreflektiert zu teilen, und nicht davor zurückschrecken, Konrads Foto im Chat zu verbreiten. Umso bemerkenswerter ist es, dass die Schülerinnen und Schüler dann selbst die Initiative ergreifen und nach allen Regeln der Kunst ein Gerichtsverfahren durchführen. Wie sich zeigt, reicht aber ein Anfangsverdacht noch nicht aus, um einen Menschen zu verurteilen, sondern auch die Richterinnen und Richter müssen sich zunächst ein umfassendes Bild über den Tathergang verschaffen, indem sie allen Beweisen sorgfältig nachgehen. Sehr hilfreich für den Einsatz im Unterricht ist das weiterführende Glossar, das sich am Ende des Romans findet, in dem die beiden Autorinnen Fragen beantworten, wie z.B.: „Was machen Staatsanwälte?, „Darf man vor Gericht lügen?“ oder „Warum tragen Richter schwarze Umhänge?“. Hier wird dann auch Konrads Fall noch einmal aus juristischer Sicht bewertet. Sehr witzig und aus dem Leben gegriffen sind die Anspielungen auf den aktuellen Zustand an den deutschen Schulen und den Lehrermangel, der herrscht. Dabei zeigt sich um so mehr, welche Bedeutung die Schule als sozialer Raum hat, um das Gerechtigkeitsempfinden von Kindern und Jugendlichen zu entwickeln und zu schulen.

Gattung

  • (Kinder-) Kriminalliteratur, Thriller (Horror, Gruselliteratur)

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 1 bis 4

Fächer

  • Deutsch
  • HSU

FÜZ

  • Werteerziehung
  • Soziales Lernen
  • Politische Bildung
  • Medienbildung/Digitale Bildung

Erscheinungsjahr

2023

ISBN

9783551653086

Umfang

152 Seiten

Medien

  • Buch