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Ursula Poznanski: Stille blutet

Besprechung

Ein rasanter, packender Kriminalroman

Bereits der Titel ist für einen Thriller ungewöhnlich: „stille blutet“ ist eine Formulierung aus dem Gedicht „An die Verstummten“ von Georg Trakl. Die einzelnen Verse dieses Gedichts dienen einem geheimnisvollen Ich-Erzähler als Überschriften für die von ihm verfassten Passagen, welche die eigentliche Handlung unterbrechen und zum Teil kommentieren. Der namenlose Erzähler scheint demnach etwas mit den Geschehnissen zu tun zu haben, aber die Leserinnen und Leser erfahren bis zum Schluss nicht, was es mit ihm und seinen Anmerkungen auf sich hat. Womöglich wird das Geheimnis im zweiten Band gelüftet, der im März 2023 erscheint, denn der vorliegende Roman dient als Auftakt einer Serie mit der jungen Ermittlerin Fina Plank, die neu in der Mordkommission ist.

Der Fall ist äußerst ungewöhnlich, denn die Mordopfer kündigen ihren baldigen Tod öffentlichkeitswirksam an. Den Anfang macht die geltungssüchtige Moderatorin Nadine Just, die ihr eigenes Ableben bekannt gibt und kurz darauf tot in ihrer Garderobe gefunden wird. Ihr ehemaliger Freund Tibor Glaser scheint nach einem Anfangsverdacht der Ermittler aber nicht der Schuldige zu sein. Allerdings mehren sich nach weiteren Morden doch Anzeichen und Spuren, die für seine Beteiligung sprechen. Nach demselben Muster wie Nadine Just stirbt kurz darauf der morbide Blogger Julius Beyer, der in seinen Posts den Tod verherrlicht. Der erfolglose Journalist Gunther Marzik ist der nächste Tote. Natürlich spielt das Internet bei der Verbreitung dieser Sensationen eine entscheidende Rolle, der Hashtag „inkürzetot“ verbreitet sich kometenhaft. Der vierte Ermordete ist der Kulturkritiker und Moderator Lothar Hesselmann. Es macht den Anschein, als gäbe es keine Gemeinsamkeiten zwischen den vier Personen, und lange tappen Fina und ihre Kollegen im Dunkeln, obwohl der Fall gelöst scheint, als an den Tatorten immer mehr Spuren von Tibor Glaser auftauchen. Nur in Lothar Hesselmanns Wohnung finden die Ermittler keine DNA von Tibor, der verzweifelt seine Unschuld beteuert und plötzlich Hilfe von einem Unbekannten erhält, aber dessen Unterstützung reitet ihn immer tiefer in das Schlamassel.

Ganz am Ende wird das Rätsel gelöst. Tibor Glaser hat vor einigen Jahren Rebecca für Nadine verlassen; Rebecca hat die Trennung nicht überwunden, zumal ihr Nadine äußerst gehässige Beleidigungen zukommen lässt. Auch verschafft sich Nadine Zugang zu Tibors Computer und schickt ihr in seinem Namen Gemeinheiten und weitere Ungeheuerlichkeiten zu. Dabei hilft ihr der heruntergekommene Journalist Gunther Marzik, während Julius Beyer Nadine einen schmerzlosen Selbstmord verspricht, sie aber lediglich um 5000 Euro erleichtert. Anschließend bringt sich Rebecca trotz der Fürsorge ihrer Mutter um; Rebeccas Mutter und ihre Schwester rächen nun ihren Tod, indem sie alle Beteiligten an Nadines Unglück töten und Spuren hinterlassen, die den Verdacht auf Tibor Glaser lenken. Allerdings bekennt sich zu Finas Enttäuschung nur die Mutter zu diesen Taten, wobei sie die Ermordung Lothar Hesselmanns vehement bestreitet, die gesamte Schuld auf sich nimmt und ihre Tochter Sabina vollkommen entlastet. Fina kann deshalb Sabina nichts nachweisen, auch der Mord an Hesselmann wird nicht aufgeklärt, weshalb der Leser auf den zweiten Band äußerst gespannt ist und auch das Geheimnis um den Ich-Erzähler gelüftet sehen möchte.

Didaktische Hinweise

Ursula Poznanskis erfolgreiche und berühmte Werke wie „Erebos“ oder auch der neu herausgekommene Roman „Shelter“ lassen sich gewinnbringend im Unterricht ab der 8. Jahrgangsstufe einsetzen und werden meist begeistert aufgenommen, finden sich darin doch den Jugendlichen vertraute Erscheinungen wie Computerspiele oder Fake News.

„Stille blutet“ ist jedoch auch für Erwachsene gedacht und sollte wegen der darin beschriebenen Grausamkeiten eher erst ab der 10. Jahrgangsstufe verwendet werden. Es lassen sich zahlreiche Themen anhand des Romans besprechen, allen voran Hass und Mobbing im Netz und deren entsetzliche Folgen für die Betroffenen. In der Mebis-Mediathek finden sich zu diesem Thema zahlreiche Videos sowie interaktive Angebote, die man parallel einsetzen könnte. Darüber hinaus kann man über die Rolle und die Funktion der Medien im Allgemeinen sprechen und nebenbei den Dichter Georg Trakl vorstellen und sein im Roman verwendetes Gedicht „An die Verstummten“ interpretieren. Ziemlich sicher kann man die Freude am Lesen mit diesem Roman fördern und es ist recht wahrscheinlich, dass die Schülerinnen und Schüler nach der Lektüre auch den Folgeband lesen wollen. In das Werk einführen lässt sich entweder mit einer Leseprobe, die der Verlag auf seiner Website bereithält, oder mit dem auf YouTube abrufbaren packenden Trailer, der vom Knaur Verlag produziert wurde. Außerdem finden sich interessante Informationen zur Autorin auf ihrer Homepage.

Gattung

  • (Kinder-) Kriminalliteratur, Thriller (Horror, Gruselliteratur)
  • All Age

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Medienerziehung
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Medienbildung/Digitale Bildung
  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2022

ISBN

9783426226896

Umfang

400 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book
  • Hörbuch