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Lena Gorelik: Die Listensammlerin

Besprechung

Die Protagonistin in Lena Goreliks Roman „Die Listensammlerin“ steht am Rande des Nervenzusammenbruchs: Sofia weiß nicht mehr ein noch aus, ihre kleine Tochter Anna wird bald am Herzen operiert. Sofias überfürsorgliche Mutter ist dabei mehr Last als Hilfe und ihre alte, demente Großmutter, die aus dem Pflegeheim ausgerissen ist, ist für sie gerade in dieser Situation eine zusätzliche Belastung – alles in allem eine chaotische Situation, die wegs Sofias Vorstellung von einem geregelten Leben entspricht, denn sie liebt Ordnung. Aus diesem Grund ordnet sie das Chaos gerne in Listen, nicht in irgendwelchen Listen, sondern sie legt skurrile Listen an, z. B. mit den peinlichsten Kosenamen, den witzigsten Neurosen, den schlimmsten Restaurants oder mit Dingen, die sie nie sagen wollte. Woddy Allen, davon ist sie überzeugt, hätte daran seine Freude gehabt. Eines Tages macht Sofia beim Ausmisten der großmütterlichen Wohnung jedoch eine frappierende Entdeckung: Sie findet Listen, die den ihrigen ähneln, und es stellt sich die Frage, vom wem die vergilbten Hefte mit der kyrillischen Schrift stammen können. Bei der Lektüre der Hefte erschließt sich Sofia langsam die eigene Familiengeschichte: Sie erfährt von dem ihr bisher unbekannten Onkel Grischa, einem Querdenker, der sich im Untergrund betätigte und dadurch die gesamte Familie in Gefahr brachte, was schließlich zur Flucht ihrer Mutter aus der Sowjetunion führte. Nach und nach findet Sofia die Hintergründe heraus, warum ihr Onkel zum Dissidenten wurde, und schreibt diese auf eine neue, eigens dafür vorgesehene Liste mit dem Titel: "Was ich über Onkel Grischa weiß“. Während die Passagen, die in der Jetztzeit spielen, in der Sofia mit den Unzulänglichkeiten ihrer Familie zu kämpfen hat, durchaus humorvoll und mit viel Selbstironie geschrieben sind, ändert sich der Ton der Autorin in den Passagen, in denen sie Sofias Familiengeschichte und die ihres Onkels beschreibt. Dennoch fallen die beiden Teile des Romans nicht auseinander. Es gelingt Lena Gorelik, sie zu einem stimmigen Ganzen zu verbinden.

Didaktische Hinweise

Auch wenn sich Lena Goreliks Roman „Die Listensammlerin“ nicht unmittelbar als Klassenlektüre eignet, ist er doch für die private Lektüre zu empfehlen, da die fiktive Figur des Onkel Grischa durchaus Vorbildcharakter hat. Denn er verkörpert einen Revolutionär, der wie Andrej Sacharow und viele andere Anfang der 70er-Jahre für die Wahrung der Menschenrechte und für eine Zivilgesellschaft kämpft, für seine Überzeugung einsteht und sich nicht von der Meinung anderer abhängig macht.

Alle hier rezensierten Werke von Lena Gorelik

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2013

ISBN

9783871346064

Umfang

348 Seiten

Medien

  • Buch