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Jan de Leeuw: Eisvogelsommer

Besprechung

„KÖNNEN TOTE AUGEN SEHEN? Kann ein Herz, das nicht mehr schlägt, noch brechen?“ – mit diesen beiden Sätzen beginnt De Leeuws neuer Roman. Offenbart es damit auch das „Programm“ des Buches? Zumindest insoweit, als dass die Geschichte aus der Sicht des verstorbenen Thomas erzählt wird. Wenn nahestehende Verstorbene an ihn denken, taucht er vor ihnen auf. Seine Mutter, seine Freundin Orphee und sein Großvater können ihn sehen und mit ihm Zwiesprache halten. So erfährt die Leserin/der Leser, wie sich die Beziehung zwischen Orphee und Thomas entwickelt hat, wie Orphee nun leidet und der Trauer entkommen will. Auch die Mutter tut sich schwer loszulassen. Ihr Mann, der sicherlich auch getrauert hat, versteht nicht, dass sie den verstorbenen Sohn förmlich konservieren will. Dies führt zu Konflikten zwischen den Eheleuten. Eine Annäherung findet erst wieder durch den drohenden Tod des Großvaters statt. Thomas hat letzteren oft besucht und seinen Geschichten gelauscht. Mit dessen Erzählungen vom Eisvogel und der Schwanenfrau, die mit der Realität verwoben sind, kommt eine poetische Ebene ins Buch. Am Ende stirbt der Großvater und nimmt seine Geschichten mit, Orphee und die Mutter lösen sich und finden zurück ins Leben. Damit verblasst auch der Ich-Erzähler. Dass De Leeuws für sein neues Buch einen toten Ich-Erzähler wählt, ist zunächst interessant und offenbart eine neue Sicht auf Trauer und Abschiednehmen. Vielleicht verhält es sich manchmal wirklich so wie im Buch, wenn Personen sehr geliebt wurden. Deutlich wird aber auch, dass durch Thomas` Anwesenheit die Lösung von ihm schwerer fällt. Der Mutter geht es vor allem so. Lange meint man, Orphee würde auch an der verlorenen Liebe zerbrechen, doch ein paar Mal beginnt sie Kritik an Thomas` perfektionistischem, bindendem Anspruch an ihre Liebe zu üben und deutet an, dass sie Schuldgefühle wegen eines Streits quälen, den sie vor seinem Tod hatten. Ob es sich bei Thomas aber nun wirklich um einen zu fordernden Liebhaber handelte oder dies Orphees Weg des Loslassens ist, bleibt unklar. Die Möglichkeit verschiedener Interpretationsansätze ist schön, doch wünscht man sich an manchen Stellen oder zumindest am Ende mehr Klarheit. Auch ist das Buch nur mit Einschränkung jugendlichen Leser/-innen zu empfehlen. Die Macht, die Thomas Tod auf das Leben der Zurückgebliebenen auszuüben scheint, könnte für manche Jugendliche reizvoll erscheinen. Die märchenhaften Elemente aber müssen sein. Die Geschichten des Großvaters tragen zum Reiz des Buches bei. (Übersetzung: Rolf Erdorf)

Didaktische Hinweise

Gattung

  • All Age

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783836958417

Umfang

249 Seiten

Medien

  • Buch