Mirjam Pressler: Golem stiller Bruder

Besprechung

Der 15-jährige Jankel und seine kleine Schwester Rochele werden vom verwitweten Vater, einem fahrenden Buchhändler, der Obhut der Tante überlassen. Aber der Vater kehrt von seiner Reise nicht zurück und die Tante erkrankt schwer. So schickt sie die beiden Kinder nach Prag zu ihrem Großonkel, dem Hohen Rabbi Löw. Die Kinder werden dort freundlich aufgenommen, aber Rochele wird bei der Familie der Tochter des Rabbi untergebracht wegen Josefs, des Synagogendieners. Jankel ist der Mitbewohner unheimlich, ist er doch eine Ausgeburt an Hässlichkeit und Stumpfsinn sowie überdies stumm. Aber der Großonkel klärt den Knaben auf: Josef ist ein Golem, ein stummer, künstlicher Mensch, von dem Rabbi aus Lehm geschaffen und mit Hilfe sprachmagischer Buchstabenkombinationen belebt, geschaffen, um die Juden im Ghetto vor ihren Feinden zu beschützen. Dazu hat Josef auch reichlich Gelegenheit, denn immer wieder wird die jüdische Bevölkerung von einem aufgehetzten Mob angegriffen, und so entwickelt Jankel eine innige Beziehung zu ihm, unterstellt ihm Gefühle und Empathie. In seiner Selbstüberschätzung und aus Furcht vor weiteren Attacken versäumt es der Rabbi, den Golem stillzulegen, und tatsächlich erfolgt ein weiterer Angriff des christlichen Mobs, bei dem Josef Schlimmstes verhüten kann. Danach aber richtet er seine Aggression gegen die eigenen Leute, bis ihn Jankels bester Freund im Kampf zerstört, indem er allerdings auch selbst den Tod findet. Dieses Erlebnis festigt Jankels Entschluss, ein umherziehender Geschichtenerzähler zu werden. Pressler bringt dem Leser die Legende des Golem in fesselnder Weise nahe. Gleichzeitig erfährt dieser auch eine Menge über Pogrome, das jüdische Leben und die jüdische Religion. Ein in vielerlei Hinsicht empfehlenswerter Jugendroman.