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Boris Koch: Das Camp der Unbegabten

Besprechung

Ein mitreißende Geschichte von einem Vierzehnjährigen, der nicht zum Helden wird.

Allein der Titel zeigt, worum es geht: um diejenigen, die nichts Besonderes sind, die sich mit den Fähigkeiten behelfen müssen, die nicht über das menschliche Maß hinausreichen. Aber in der Welt, in der Bjarne lebt, sind vor zwanzig Jahren die ersten besonderen Veranlagungen bei Kindern aufgetaucht, die sie zu Helden machen können, so vermögen drei von ihnen zu fliegen und einer hat übermenschliche Kräfte. Allerdings finden sich auch merkwürdige Begabungen, die nicht besonders heldenhaft sind, etwa ein Frühstücksei mithilfe von Gedankenkraft zu kochen oder einen Nagel mit der bloßen Faust in die Wand zu schlagen. Außerdem stellen die jungen „Helden“ ihre Fähigkeiten nicht wie Superman in den Dienst der Menschheit, sondern schließen Werbeverträge ab und werden Influencer, sodass ihre Besonderheit lediglich darin besteht, berühmt zu sein und viel Geld zu verdienen.

Aber dennoch oder gerade deshalb wollen sehr viele Kinder, angetrieben von ihren Eltern, eine besondere Begabung entwickeln. Weil niemand weiß, wodurch diese ungewöhnlichen Gaben hervorgerufen werden, entwickeln sich die merkwürdigsten Theorien und damit einhergehend ein lukrativer Markt für die unsinnigsten Methoden, eine besondere Kraft in den Kindern freizusetzen: Ernährungstipps werden vermarktet, teure Hypnosesitzungen angeboten und eine Theorie besagt, dass die ungewöhnlichen Fähigkeiten dann freigesetzt werden, wenn man große Angst verspürt.

Dieser Theorie hängt Bjarne an, der unbedingt fliegen will, während es seinen Eltern egal ist, welche Begabung er entwickelt, Hauptsache irgendeine zeigt sich, auch wenn Ma und Pa immer wieder betonen, dass sie Bjarne lieben, selbst wenn und obwohl er vielleicht kein Held wird. Bjarne ist wild entschlossen, die Fähigkeit des Fliegens in sich hervorzurufen und springt deshalb mit seinem besten Freund Luca von einer siebzehn Meter hohen Brücke und fliegt nicht, sondern bricht sich ein Bein und wäre ertrunken, wenn ihn Luca nicht gerettet hätte, der daraufhin tatsächlich eine Begabung entwickelt, nämlich die in der Nacht sehen zu können. Seine Berater nennen ihn deshalb „Nighteyes“, denn jeder der jungen Helden bekommt einen Spitznamen, unter dem er vermarktet wird, und Luca darf nach Hohenfels in das spezielle Internat für Begabte. Bjarne dagegen versucht noch einmal, die Fähigkeit des Fliegens in sich zu entfachen, und scheitert erneut, anschließend wird er von einem Psychologen vor die Wahl gestellt wird, entweder in eine psychiatrische Klinik zu gehen, da er als selbstmordgefährdet gilt, oder in das „Camp der Unbegabten“, in dem all jene den Sommer verbringen, die wie Bjarne lebensgefährliche Versuche unternommen haben, eine Begabung zu entwickeln.

Obwohl Bjarne vor diesem Camp graut und seine Freundschaft mit Luca aufgrund von dessen neuem Lebensstil in die Brüche zu gehen droht, fühlt sich Bjarne schnell wohl in der riesengroßen Anlage, in welcher der charismatische Käpt’n den Jugendlichen zu vermitteln versucht, dass auch Menschen ohne „heldenhafte“ Fähigkeiten etwas erreichen können. Bjarne findet dort Gleichgesinnte und schließlich Freunde, mit denen er sogar einen Kriminalfall löst.

Didaktische Hinweise

Obwohl die Geschichte fantastische Elemente enthält, lädt sich dennoch dazu ein, sich mit realen Problemen auseinanderzusetzen. Denn die Zweiteilung der Gesellschaft in berühmte Reiche und unscheinbare Arme existiert in verwandter Form auch in unserer Welt und die sozialen Medien spielen dieselbe Rolle. Jugendliche werden sich mit den Figuren des Romans sicher identifizieren und vor allem den Wunsch, etwas ganz Besonderes zu sein, nachvollziehen können. In diesem Zusammenhang kann man über die damit verbundenen negativen fiktiven Folgen im Roman und die tatsächlichen in der Realität sprechen und darüber hinaus die für junge Menschen so wichtigen Themen wie Freundschaft oder die Beziehung zu den Eltern erörtern. Der Thienemann Verlag bietet auf seiner Webseite nicht nur Informationen zum Roman und zu Boris Koch sowie einen Link zur Homepage des Autors, sondern auch Leseproben und eine Audiodatei, auf der Boris Koch das erste Kapitel des Romans liest – ein sehr schöner Einstieg in die Lektüre.

Alle hier rezensierten Werke von Boris Koch

Gattung

  • Romane
  • Fantasy

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 6 bis 8

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Medienerziehung

FÜZ

  • Medienbildung/Digitale Bildung
  • Politische Bildung
  • Soziales Lernen
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2021

ISBN

9783522202633

Umfang

320 Seiten

Medien

  • E-Book
  • Buch