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Albertine Sarrazin: Astragalus

Besprechung

Albertine Sarrazin erzählt 1964 in „L'astragale“ in Ich-Form die Geschichte von Anne, aber auch ihrer eigene Flucht durch einen Sprung von der Gefängnismauer in die unsichere Freiheit. Simone de Beauvoir hat die junge Autorin entdeckt, die noch zwei Roman schrieb, bevor sie 1967 mit nur 29 Jahren starb. Ein Jahr später findet eine ganz persönliche Entdeckung statt: davon erzählt Patti Smith in einem Essay, in der deutschen Ausgabe als Nachwort. Anne sitzt wegen Drogendelikten im Gefängnis und hat sich mit einer Mitgefangenen angefreundet, eine Liebesgeschichte wird angedeutet, zumindest haben beide von einem gemeinsamen Leben in der Freiheit geträumt. Anne gelingt jedoch die Flucht, wobei sie sich bei dem Sprung von der Gefängnismauer das Sprunggelenk, daher der Titel, bricht. Trotzdem ist sie glücklich, die Freiheit erlangt zu haben. Sie wird an der Straße aufgelesen und in einem Haus versteckt. Dort übernehmen Julien und ein befreundetes Paar die Sorge für sie. Anne und Julien verlieben sich, für Anne ist es die wahre Liebe. Die Verletzung wird so schlimm, dass Anne operiert werden muss, will sie ihr Bein nicht verlieren, was ihr große Angst einflößt. Sie muss die Unterkunft wechseln, schließlich verschwindet Julien für ungewöhnlich lange Zeit. Anne, die annimmt, er habe eine andere, was ein Teil der Wahrheit ist, geht nach Paris und arbeitet wieder als Prostituierte. Ein älterer Freier nimmt sie zu sich. Da bekommt sie heraus, dass Julien im Gefängnis gelandet ist. Sie wartet auf ihn, beide machen eine Reise, Julien schwört, seine Affäre sei bedeutungslos. Am Ende wird Anne gefasst und muss ihre Gefängnisstrafe wieder antreten. Die Sprache des Originaltextes wechselt zwischen hartem Ganovenslang, dem französischem Argot, und Passagen, die zum Teil bildreich schildernd, manchmal poetisch erzählt sind. Das liest sich im Deutschen, trotz aller Bemühung der Übersetzerin, arg holprig. So wird aus „patte“, das sich wegen des gebrochenen Fußes durch den ganzen Roman zieht, in der Übersetzung meist „Haxe“, was im Deutschen bairisch und nach Essen klingt. „Wir werden zum Essen erwartet“ umgekehrt gibt das französische „On nous attend pour bouffer“ nicht ganz wieder. „Immer dieser blöde Wunsch zu brechen, ohne etwas kaputtzumachen“ versteht man nicht auf Anhieb. Es steht für „ce désir bête de casser sans effraction“. Das im Original angedeutete Paradox eines „Aufbrechens ohne den Tatbestand eines Einbruchs“ lässt sich wahrscheinlich nicht übertragen.

Didaktische Hinweise

Die Schwierigkeiten einer Übersetzung kann man an dem Text sehr gut zeigen. Der Originaltext besticht darüber hinaus durch eine Sprache, die in starken Bildern die Fieberträume, die Panikattacken und die Gedanken der Ich-Erzählerin schildert. Die Biographie der jungen Autorin, parallel zu der von Patti Smith (siehe auch „Just Kids“) und in Kontrast zur bürgerlichen Françoise Sagan kann Stoff für ein Referat sein.

Alle hier rezensierten Werke von Albertine Sarrazin

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Französisch

Erscheinungsjahr

2013

ISBN

9783446241480

Umfang

232 Seiten

Medien

  • Buch