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Peter Stamm: Seerücken

Besprechung

Kurzgeschichten handeln immer von Menschen in Grenzsituationen ganz ähnlich wie die Novelle. Unterschiedlich ist jeweils die Originalität der einzelnen Handlung. Peter Stamm hat Hörspiele, Theaterstücke, Romanee und schon drei Bände mit Erzählungen geschrieben. „Seerücken“ versammelt zehn Geschichten, von denen keine den Titel trägt. Der Seerücken spielt in „Sweet dreams“ die Rolle der imaginären „Grenze“, die ein junges Paar auf dem Weg mit dem Bus von der Arbeit überquert, von der sicheren Welt der Festangestellten in die prekäre eines jungen Liebespaares, das sich gerade sein erstes „Nest“ baut. Beide, Lara und Simon, sind zufrieden mit ihrer Situation, Arbeit und Partnerschaft - und trotzdem schleichen sich Zweifel und Angst vor der Unsicherheit ein. Lara kauft nach der Arbeit einen Korkenzieher, unnütz und teuer, aber er erinnert sie an die Familie ihrer Mutter in Norditalien, die freilich schon bei den letzten Besuchen auseinandergebrochen war. Bei der Heimfahrt ist alles wie immer, nur dass ein merkwürdig blickender Mann im Bus mitfährt. Am Ende erkennt Lara ihn in einer TV-Show wieder, in der er sagt, dass er als Schriftsteller Menschen beobachtet und sich am selben Tag im Bus gefragt hat, wie lange die Beziehung des jungen Paares wohl halten würde. In „Sommergäste“, um ein weiteres Beispiel vorzustellen, verbringt ein Wissenschaftler, der über Maxim Gorki arbeitet, einige Tage in einem Hotel, das von einer jungen Frau betrieben wird. Einiges ist merkwürdig, zum Beispiel gibt es keinen Strom und kein Wasser und nur Ravioli aus der Dose zu essen, aber da die Anreise schwierig war und die Frau eine seltsame Anziehung auf ihn ausübt, bleibt der Erzähler. Am Ende stellt sich heraus, dass das Hotel schon lange zum Verkauf angeboten wurde und es gar keine Inhaberin gibt. Auch das kinderlose Paar, das von seinem gemieteten Ferienhaus die Nachbarn beobachtet, offenbar eine glückliche junge Familie mit SUV und zwei Kindern, lebt auf brüchigem Untergrund. „Sie hat sich ihr Leben anders vorgestellt“ denkt Niklaus, als Alice das Ferienhaus wie so vieles an ihrem Leben enttäuschend findet. Am Ende hat der Familienvater vor dem Nachbarhaus seinen Sohn überfahren und Alice beobachtet eine zerstörte Familie bei der Abreise nach der Katastrophe. Gegenüber dem Unglück der anderen lässt sich die eigene Lebenslüge noch einmal als bewusster Entwurf darstellen, einschließlich der Kinderlosigkeit. Es ist eine etwas mühsame Originalität, die den in „Seerücken“ versammelten Geschichten anhaftet, zweifellos aber sind sie handwerklich gut gemacht und in einnehmend unprätentiöser Sprache geschrieben.

Didaktische Hinweise

Einzelne Kurzgeschichten eignen sich für den Unterricht zur Analyse der Textsorte und des entsprechenden Stils. Ein Vergleich mit Raymond Carvers short stories liegt nahe.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 12

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783100751331

Umfang

190 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book