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Kristine Bilkau: Eine Liebe, in Gedanken

Besprechung

Nach dem Tod ihrer Mutter möchte ihre Tochter mehr über sie wissen. Das sind die anrührendsten Szenen des Buchs: Wie die Tochter, teils aus schlechtem Gewissen, teils einfach aus Kummer die letzten Monate vorüberziehen lässt, als es dem Herzen der Mutter immer schlechter gegangen sein muss, was sie aber überspielte, indem sie immer weniger anstrengende Unternehmungen vorschlug, wie sie anfängt, sich Fragen zu stellen, die sie ihr aus Diskretion selbst nicht zu stellen wagte, wie sie die Wohnung nicht aufgeben will und immer wieder hinfährt und einfach dasitzt und nachspürt, wer sie war. Warum ist sie bei keinem Mann geblieben? Wer war Edgar, ihre große Liebe? Diese Szenen und Gedanken unterbrechen die Kapitel mit den aus Bildern und wenigen Dokumenten recherchierten Bruchstücken der Geschichte von Antonia und Edgar, der eine Stelle in Hongkong angenommen und einen Nachzug Antonias immer wieder hinausgezögert hatte, bis diese die Verlobung auflöste. Die Mutter hat sämtliche Briefe Edgars verbrannt, bis auf die letzten zwei, nach einem kurzen Besuch in der Heimat geschrieben. Am Ende des Romans berichtet die Tochter von einem Besuch bei Edgar, der nach einer Familienphase allein lebt und immer noch nicht erklären kann, warum eine Liebe sich so einfach auflösen kann. Auch Antonia hat zehn Jahre zuvor vergeblich versucht, eine Antwort von Edgar zu bekommen. Doch ist sie es, die als freiheitsliebend und unkonventionell geschildert wird, und darin ihrer Enkelin mehr ähnelt als ihrer Tochter. Bilkau erzählt unprätentiös, traut sich viel wörtliche Rede, auch im Stil der sechziger Jahre zu erfinden, und gibt die Atmosphäre gut wieder. Die Geschichte ist gut erzählt und traurig, aber auch nicht mehr. Ist es nicht ein wenig unglaubwürdig, dass die erzählende Tochter sagt, sie sei mit den Geschichten von „meiner Mutter und ihm“ aufgewachsen und sie habe „viel an Toni und Edgar gedacht“. Spielt in der Vorstellung eines Kindes ein unbekannter und nicht präsenter Liebhaber der Mutter wirklich eine so große Rolle?

Didaktische Hinweise

Die Zeitebenen spiegeln die Generationen wider. Der Erzählstrang wird durch die Ich-Erzählerin bestimmt, die ihre Mutter betrauert. Sie schreibt die Geschichte von Edgar und Antonia in zwanzig Kapiteln, deren letztes eine Art Protokoll ist, das ihre Mutter über ihr Gespräch mit Edgar zehn Jahre zuvor verfasst hat. Die Erzählstruktur und die Motivation der Erzählerin, diese Geschichte zu schreiben, können diskutiert werden.

Alle hier rezensierten Werke von Kristine Bilkau

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783630875187

Umfang

253 Seiten

Medien

  • Buch