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Zsuzsa Bánk: Weihnachtshaus

Besprechung

Der Roman vom „Weihnachtshaus“ beginnt am 1. Dezember mit der Sehnsucht der Erzählerin nach „einem Leben, in dem alles stimmt und seinen Platz hat, wir gefestigt über einen nicht schwankenden Boden gehen.“ Diese Sehnsucht ist nur allzu verständlich, hat sie doch ihren Mann Clemens durch einen plötzlichen Herztod unvermittelt verloren. Zusammen mit ihren beiden Kindern ist sie auf der Suche nach einem möglichen Leben ohne ihren geliebten Ehemann. Sie erzählt von den Tagen des Advent, in denen sich wie in jedem Jahr langsam „Weihnachtsunruhe“ in ihr ausbreitet. Doch die Vorweihnachtszeit ohne Clemens ist für sie anders: Es gibt Lieder, die sie nicht mehr singen mag, Traditionen und Rituale, die ihr ohne ihren verstorbenen Mann leer erscheinen und sie wütend auf dieses Fest werden lässt. „Gewitterwelt des Herzens“ nennt sie diese Zeit, in der sie sich mehr als sonst fragt: Warum eigentlich ich? Doch zu ihrem Leben gehört auch ihre alte Freundin Lilli, selbst alleinerziehende Mutter mit einer schwierigen Familiengeschichte, mit der sie gemeinsam ein Café in Frankfurt am Main betreibt. Getragen werden beide von ihrem Projekt, dem Wochenendhaus vor den Toren der Stadt, das seit einigen Jahren darauf wartet, renoviert und genutzt zu werden. Lilli hat es als eine Art Rettungsaktion für ihre Freundin zusammen mit ihr gekauft. Die Erzählerin gibt tiefe Einblicke in ihre Trauerarbeit: Warum kann sie nicht mit Clemens reden, so wie andere dies mit ihren lieben Verstorbenen tun? Warum gibt ihr der Besuch seines Grabes weniger als sie dachte? In all die Traurigkeit und Verzweiflung kommt eine Figur, die selbst alles verloren hat, darüber aber nicht verbittert ist, sondern in Frankfurt einen Neuanfang wagt: Der Amerikaner Bill, der deutsche Vorfahren hatte, wird so etwas wie ein Weihnachtsbote für die Erzählerin: Er schneit unvermittelt in ihr Leben und kümmert sich um die Renovierung des Wochenendhauses. Seine Botschaft lautet: „Sei fähig, nicht zu hadern. Es ist Zeit. Die Zeit ist da, es hinter dir zu lassen.“ Während sie noch vor einigen Wochen über die Portalinschrift einer Kirche „Unsere Zeit liegt in deinen Händen“ erbost war und den christlichen Gott anklagte ob seiner Macht, über die Lebenszeit zu bestimmen, beginnt sie nun, ihre Zeit selbst in die Hände zu nehmen. Sie findet in ihrem Tun einen neuen Sinn und erkennt, dass ein Leben auch ohne Clemens weitergehen kann. Ausdruck dieser neuen Zuversicht ist das gemeinsame Weihnachtsfest im Wochenendhaus, das dank Bill ein Gesicht bekommen hat. Mit diesem Weihnachtsfest, kann die Erzählerin nun sagen, hat die Zukunft begonnen. Was für eine wunderschöne Botschaft!

Didaktische Hinweise

Vor allem in der zehnten Jahrgangsstufe am Gymnasium lässt sich diese kleine Erzählung gut in den evangelischen bzw. katholischen Religionsunterricht integrieren:

RK: 10.2 Tod und Auferstehung: Die christliche Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod

EV: 10.4 Mitten im Tod: das Leben

Ob nun durch eine Buchvorstellung als Referat oder eine gemeinsame Lektüreeinheit: Die Geschichte zeigt beeindruckend die Trauerarbeit einer Person auf, bleibt aber nicht dabei stehen. Der Gedanke des christlichen Weihnachtsfestes macht der jungen Witwe zunächst Angst, diese löst sich dann aber durch die Begleitung ihrer Freundin und durch die Begegnung mit einer neuen Person in ihrem Leben auf. Sie vermag im gemeinsamen Feiern wieder einen Neubeginn zu sehen. Gerade für Jugendliche, die Weihnachten als häufig nur ein von Konsum geprägtes Fest ohne spirituellen Inhalt kennen, kann diese Erzählung zu einem neuen Blick führen.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

als Klassenlektüre geeignet und zum Vorlesen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Werteerziehung
  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2021

ISBN

9783596523153

Umfang

136 Seiten

Medien

  • Buch
  • Hörbuch
  • E-Book