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Heinz Helle: Die Überwindung der Schwerkraft

Besprechung

Eine Kneipentour wird zur letzten Begegnung zweier Halbbrüder. Die lange Nacht in den Münchner Stammkneipen lässt der Ich-Erzähler deshalb so detailliert an sich vorüberziehen, weil er nun weiß, dass er da seinen Bruder, der Monate später an Krebs und irgendwo auch an seinem Unglück gestorben ist, zum letzten Mal gesehen hat. Die Hauptperson ist also schon gestorben, als der jüngere Bruder all die langen Reden und Mails seines Bruders aufschreibt, meist in der indirekten Rede. Ohne Absätze oder Kapitel, mit wenigen Punkten, zieht ein Gedankenstrom am Leser vorüber. Der Bruder war zehn Jahre älter, seine Mutter wurde vom gemeinsamen Vater verlassen, und doch haben beide gemeinsame Erinnerungen an ihre Kindheit im Münchner Vorort Waldtrudering. Als wüsste er, dass es das letzte Mal ist, redet der Ältere, während er den Bruder von einer Kneipe in die nächste schleppt und immer betrunkener wird, so philosophisch wie ein normaler Mensch nur betrunken redet, von seiner Verzweiflung, vom Krieg, von der Menschheit, um die es so schlecht bestellt ist, dass sie einen Marc Dutroux hervorgebracht hat, aber auch von seinem Glück, Vater zu werden. Der Erzähler gibt die Gedanken und Kommentare seines Bruders, seine Obsessionen, gemischt mit den eigenen wieder. Dazwischen wechselt er zu Erinnerungen, erzählt von dem Gefühl der Schuld, das er empfindet, weil wegen seiner Mutter der gemeinsame Vater die Mutter des Bruders verlassen hat. Am Ende erzählt der jüngere Bruder voller Trauer, wie die Bedrohung, die der Bruder überall spürte, ihn schließlich in Gestalt der Mutter seines Kindes traf, einer Prostituierten, die mit dem Kind spurlos aus dem Krankenhaus verschwand. Ein wenig Hoffnung bringt dem Erzähler die Geburt des eigenen Kindes ein Jahr nach dem Tod des Bruders.

Didaktische Hinweise

Zunächst ist der Text wegen seiner langen Sätze und nicht leicht zugänglich, doch wird der Leser durch den Inhalt gepackt. Viele Gedanken bieten Gesprächsstoff: Was macht es zum Beispiel mit dem einzelnen, dass Menschen so unmenschlich sein können? Den Gedankenstrom doch als gegliedert zu begreifen, indem man auf den Satzbau achtet und die Schlüsselwörter, ist eine spannende Aufgabe.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2018

ISBN

9783518428238

Umfang

201 Seiten

Medien

  • Buch