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Mats Wahl: Kill

Besprechung

Der bereits aus zwei Vorgängerbänden bekannte Kommissar Fors wird überfallen, man raubt ihm seine Dienstpistole. Wenig später kommt es zu einem Massaker an der Schule, drei Kinder sterben, getötet wurden sie mit der Pistole, die Fors gehört hatte. Im Laufe der Ermittlungen entfaltet sich die ganze Situation: Überlastete Polizisten, wenig finanzielle Mittel, eine eher ratlose Ministerin, verzweifelte Eltern, Rufe nach Sicherheit, die es in der erwünschten Form eben nicht gibt, das Leid der Eltern, deren Kinder getötet wurden, der Fremdenhass, der aus Andeutungen entsteht etc. Mosaikartig fügt sich alles zusammen: Tony Larsson, ein unangenehmer, gewalttätiger Junge, stellt sich als Rädelsführer beim Überfall auf Fors heraus, allerdings ist er nicht der Täter, sondern sein jüngerer Bruder Emil, der die Pistole beim Bruder gesehen und an sich genommen hat. Emil ist der Loser, der Verachtete, und wird wegen seiner dicken Lippen „Neger“ (was zu falschen Vermutungen führt, weil ein Kind diesen „Namen“ erwähnt hat) genannt. Vor allem von Jonny wurde und wird er gnadenlos gehänselt und gequält – ohne dass ein Lehrer oder sonst jemand eingegriffen hätte. Er ist es, der Jonny einen „Denkzettel“ hatte erteilen wollen, indem er auf die Uhr über ihm hatte schießen und ihn damit erschrecken wollen. Dabei sind nun drei jüngere Kinder gestorben, und zurück bleibt ein verstörter Emil, der „das nicht gewollt hatte“ und, durchaus bedroht von der Bevölkerung, in eine geschlossene Anstalt kommt. Das Grandiose an diesem Buch (im Grunde erscheint hier die Zuordnung zur „Jugendliteratur“ so überflüssig wie in der letzten Zeit bei vielen Neuerscheinungen dieses Marktes) ist nun, dass in Form eines spannenden Krimis gezeigt wird, wie alles zusammenhängt: Da sind die Brüder, Söhne einer überforderten Mutter, der eine wird bösartig und kriminell, der andere wird kriminell, weil er sich ein einziges Mal gegen seinen Quäler auflehnen wollte. Da sind Jonny und sein rücksichtsloser und reicher Vater, dessen Arroganz und Machtgebaren Jonny wohl nach unten weitergibt. Da ist der unendliche Kummer der von dem Massaker betroffenen Eltern, da ist der Wunsch, dass so ein Verbrechen an unschuldigen Kindern gesühnt wird, da sind die Hilflosigkeit oder das Desinteresse der Erwachsenen, die schlimme Dinge erst sehen, wenn es zu spät ist. Da ist eine hilflose, manchmal auch zynische Politik, da sind die Verlierer der Gesellschaft und die Frage, wo die Schuld des einzelnen beginnt und wo er eher Opfer ist. All das wird sachlich-knapp erzählt, es werden keine Rezepte angeboten, es handelt sich auch nicht um sentimental-pädagogisierende Betroffenheitsliteratur, aber diese „Zusammenschau“ und die Identifikationsangebote (mit den „Opfern“ und den „Tätern“) sind beeindruckend, zudem ist die literarische Qualität herausragend.

Didaktische Hinweise

Sehr zu empfehlen, auch für männliche Leser, sofort auch als Lektüre. Geeignet für die literarische Charakteristik, zur Besprechung des Themas Gewalt, evtl. auch als Anlass, Unterdrückungssysteme in den Klassen zu beleuchten und zu bearbeiten.

Vom dtv-Verlag gibt es hier ein kostenfreies Unterrichtsmodell.

Gattung

  • (Kinder-) Kriminalliteratur, Thriller (Horror, Gruselliteratur)

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2005

ISBN

9783446206086

Umfang

264 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book