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Emmy Abrahamson: Widerspruch zwecklos oder Wie man eine polnische Mutter überlebt

Besprechung

Interkulturelles Zusammenleben und die Überwindung der dabei entstehenden Missverständnisse ist ein Thema der problemorientierten Jugendliteratur. Emmy Abrahamson, zwischen Moskau, London, Wien und Amsterdam sozialisiert und jetzt in Südschweden heimisch, verfügt über genügend interkulturelle Erfahrungen, um über dem Thema stehend, politisch unkorrekt und witzig mit Klischees zu spielen, die sie übertrieben zuspitzt. Alicja leidet unter den polnischen Anteilen ihrer Mutter und fasst ihr Leben in augenzwinkernden Regeln zusammen, z. B. Regel Nr. 236: „Akzeptiere, dass nicht nur deine gesamte polnische Verwandtschaft, sondern auch die Polizei von Ystad über deine Hauptprobleme informiert sein sollte“ (S. 18). Alicja leidet aber auch unter ihrer Liebe zu dem Schwarm ihrer besten Freundin und als sie ihn erobert hat, versucht sie alles, ihr Verhältnis vor allen anderen geheim zu halten – vergeblich natürlich. Alicja leidet weiter unter den polnischen Verwandten, die sich in ihrem renovierungsbedürftigen Chaos-Haus breitmachen, und auch darunter, dass sie diese auch noch zum Papstbesuch in Südschweden begleiten muss. Sie leidet unter der polnischen Nachcousine, die sich in denselben Jungen verliebt, unter den heimlich eingereisten polnischen Schwarzarbeitern, unter ihrer Akne und vielem anderen, unter dem fünfzehnjährige Mädchen auf der ganzen Welt leiden. Hauptleidenspunkt ist und bleibt aber ihre Mutter und ihre penetrante Einmischung in Alicjas Privatleben. Alles, was die Mutter ihr gegenüber durchsetzt, ist peinlich und völlig „out“. Dies wird damit begründet, dass diese eben Polin und deshalb ein bisschen merkwürdig sei. Diese Konstellation kann wirklich nur aushalten, wer sich auf Abrahamsons etwas skurrilen Humor einlässt.

Didaktische Hinweise

Wie bereits angedeutet ist das Buch sicher an vielen Stellen überzogen in der witzigen Darstellung dessen, was hier als „polnisch“ verkauft wird. Sicher sind nicht alle Polen so, dass sie verschimmelten Käse weiterverarbeiten oder allen Menschen von den Problemen ihrer Sprösslinge erzählen. Deshalb eignet sich das Buch vor allem für einen kritischen Umgang mit Vorurteilen, natürlich am besten, wenn polnische Mitleser diese entlarven oder bestätigen können. Überall dort, wo deutsch-polnische Schulpartnerschaften existieren, kann das Buch sicher mit Erfolg eingesetzt werden – auch wenn es in Schweden spielt und nicht alles einfach so auf Deutschland übertragen werden kann. Wo nicht, würde ich von einer Lektüre im Unterricht eher abraten, denn Abrahamsons Verweis auf das „typisch Polnische“, wo es sich immer auch um allgemein gängige Vorgänge zwischen Töchtern und ihren aufdringlichen Müttern handelt, ist nicht unbedingt förderlich für ein vorurteilsfreies Miteinander. Wer sich für eine Behandlung im Unterricht entscheidet, sollte auf jeden Fall besprechen, was an dem Buch überzogen ist, welche Witze greifen und welche nur albern sind, welche Erfahrungen von Alicja für relevant gehalten werden und welche Abläufe in der Romanekonstruktion glaubwürdig sind oder nicht. FÜEZ: persönliche Entwicklung, Erwachsenwerden

Gattung

  • Romane

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 7 bis 9

Fächer

  • Deutsch
  • Interkulturelle Erziehung

Erscheinungsjahr

2013

ISBN

9783423625487

Umfang

215 Seiten

Medien

  • Buch