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Anna Kuschnarowa: Kinshasa Dreams

Besprechung

Anna Kuschnerowa, Ägyptologin, Fotografin und Autorin aus Leipzig, hat sich nach mehreren Jugendbüchern im Jahr 2011 mit „Junkgirl“, einem Romane zum Thema Drogen, einen Namen gemacht. Ein völlig anderes Thema entwickelt sie hier, das unbedingt den Weg in die Schulen finden sollte: „Kinshasa Dreams“ stellt das Schicksal von Jengo dar, der sich auf den Weg aus seiner Heimat, der Demokratischen Republik Kongo, nach Europa macht. In seiner Familie wird er als „Hexenkind“ abgelehnt, nur sein Großvater unterstützt ihn und ruft in ihm den Wunsch wach, als Boxer den großen Erfolg zu suchen - wie sein Vorbild Muhammad Ali. Sein Vater, der als Wolof auch nicht wirklich von dem Rest der Familie akzeptiert wird, bringt viel Geld mit, das er sich mit illegalen Geschäften mit dem Handy-Rohstoff Coltan im Norden des Landes verdient. Als er bei diesen Geschäften eines Tages erschlagen wird, versinkt die Mutter in eine Depression, aus der sie sich nur löst, um die Familie nach Paris zu verlassen. Jengo folgt ihr, als man versucht, ihn einer exorzistischen Sitzung zu unterziehen. Über Kairo führt sein Weg nach Libyen, von dort nach Italien und wieder zurück, als die Küstenwacht ihn abweist. Schließlich landet er als illegaler Asylant in Paris und wird wieder nach Kinshasa zurückgeschickt, als seine Mutter ihn bei der Polizei offiziell verleugnet. Aber er gibt nicht auf und kehrt zurück nach Europa und baut sich in Berlin endlich die herbeigesehnte Karriere als Boxer auf. In Rückblenden wird dieser spannende Lebenslauf erzählt, während Jengo vor dem entscheidenden Match von einem Journalisten interviewt wird, dem er aber nur eine verkürzte und geschönte Variante seines Lebens erzählt. Kuschnarowa gelingt es über weite Strecken überzeugend und exemplarisch für so viele andere Flüchtlinge, Jengos Wirren auf der Flucht zu erzählen. Das ist spannend und erlaubt durch die Ich-Perspektive auch eine sehr gute Identifikation. Dabei wird aber auch klar, dass sie Jengos Afrika nur aus Erzählungen eines früheren Freundes kennt. Auch die Passagen in der libyschen Wüste beruhen auf Recherchen von außen. In Kairo und Paris aber kann sie eigene Erfahrungen einbringen und das merkt man beim Lesen auch. (Ladenpreis: 14,95 €)

Didaktische Hinweise

Es gibt immer wieder die Diskussion, ob Schicksale aus den Südlichen Kontinenten nicht besser von den Menschen erzählt werden, die sich dort auskennen. Nur selten schaffen es Kinder- und Jugendbücher aus diesen Ländern in deutsche Buchhandlungen, noch seltener können die Autoren auch wirklich Selbsterlebtes berichten. Auch Kuschnarowa kann nur weitergeben, was ihr erzählt wurde, ihr Romane ist aber ein gelungenes Beispiel für eine Einfühlung von außen: Afrika wird nicht als „fremder Kontinent“ undifferenziert beschrieben. Jengo und seine Familie wie seine Freunde sind eigenständige Charaktere, die aus sich selbst zu sprechen scheinen. Wer liest, wie oft Jengo Anläufe unternehmen muss, um schließlich im „goldenen Europa“ zu landen, mit der Gefahr, jederzeit wieder zurückgeschickt zu werden, entwickelt eine neue Sensibilität für das Thema, das Organisationen wie „Pro Asyl“ auch für die Schulen präsentieren. Die Problematik der Sicht durch eine deutsche Autorin sollte aber im Zusammenhang mit einer schulischen Lektüre des Buches aufgearbeitet werden - etwa im Bezug auf die Kriterien, die von der Aktion Baobab im Katalog „Fremde Welten“ für einen positiven Umgang mit den Südlichen Kontinenten (vgl.: www.baobabbooks.ch/de/fremde_welten/kriterien/) vorgegeben werden. Kuschnarowas Buch eignet sich aufgrund der spannenden, aber auch informativen Darstellung eines Flüchtlingsschicksals in besonderer Weise für einen fächerübergreifenden Unterricht, etwa mit den Fächern Geographie, Religion, Sozialkunde oder Ethik.

Alle hier rezensierten Werke von Anna Kuschnarowa

Gattung

  • Romane

Eignung

sehr gut als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geografie/Erdkunde
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

Erscheinungsjahr

2012

ISBN

9783407743695

Umfang

379 Seiten

Medien

  • Buch