mobile Navigation Icon

Abbas Khider: Die Orangen des Präsidenten

Besprechung

Der Ich-Erzähler Mahdi hat beide Eltern verloren und lebt im Irak bei seinem Onkel. Am letzten Tag der Abiturprüfung im Jahr 1989 leiht sich sein Freund Ali ein Auto und die beiden fahren zum Feiern vor die Stadt. Sie treffen Freunde von Ali, als sie plötzlich gestellt und verhaftet werden. Ali muss die falschen Leute gekannt haben, der Ich-Erzähler sieht ihn während der nächsten zwei Jahre im Gefängnis noch ein einziges Mal. Folter, Entwürdigung, Hunger und entsetzliche Langeweile quälen Mahdi, der nicht schreiben und nicht lesen darf und sich zwei Jahre lang eine kleine Zelle mit zwanzig Leidensgenossen teilen muss. Um zu überleben, erinnert sich Mahdi an seinen Freund, den Taubenzüchter, und an Geschichten aus seiner Kindheit, in der er von Familie und Freunden, Lebensweisheiten und in gewisser Distanz auch der Religion behütet war. So wechseln sich nüchtern geschriebene Berichte von Verhören und schwer vorstellbaren grausamen Qualen, auch von der Enttäuschung durch die „Orangen des Präsidenten“, die dem Buch den Titel gegeben hat, mit bunten fantastischen, lustigen und traurigen kleinen Erzählungen ab. Die „Glückstränen“ der Mutter und das, was der Erzähler sein „Trauerlachen“ nennt, das man bei seinen Lesungen erleben kann, sind die hier Metaphern für den Umgang mit der Realität des Gefängnisses. Die Seelenstärke des jungen Mannes helfen ihm zu überleben, obwohl er physisch fast kaputt geht und nach seiner Entlassung Wochen braucht, um sich zu erholen. Befreit wird Mahdi, weil die Amerikaner einmarschieren, aber dass nun die Aufständischen von den Amerikanern unterstützt würden, ist ein Irrtum: gerade noch kann der Onkel Mahdi zur Flucht bewegen, als von Neuem Gewalt über das Land hereinbricht. Der Autor ist seinem Helden sehr nahe, schon der erste Romane vom „falschen Inder“, mit dem Abbas Khider ein erstaunlicher und verdienter Erfolg gelang, trug deutliche Züge seiner eigenen Flucht nach dem ersten Golfkrieg aus dem Irak nach Deutschland. In „Die Orangen des Präsidenten“ geht es um die Vorgeschichte bis zu dieser Flucht 1991. Dabei beschränkt sich die Erzählung ganz auf das unmittelbare Erleben des Protagonisten. Ein nachträgliches Reflektieren bleibt dem Leser überlassen.

Didaktische Hinweise

Im Unterricht bietet sich die Erarbeitung des zeitgeschichtlichen Hintergrunds an, aussehend von der Biografie Khiders. Literaturgeschichtlich sei auf die Möglichkeit des Vergleichs der Erzählform mit der orientalischer Märchen hingewiesen. Eine Motivsuche, z. B. nach dem der grünen Taube, könnte ein nicht beabsichtigtes Gewicht auf Parabolik und Symbolik legen (siehe blutiger Kampf um ein Land), wäre aber trotzdem interessant.

Alle hier rezensierten Werke von Abbas Khider

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783894017330

Umfang

155 Seiten

Medien

  • Buch