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Jonathan Coe: Middle England

Besprechung

Ein erfolgloser Autor, seine Familie und seine Freunde erleben die Zeit vor und nach dem Referendum zum Brexit

Jonathan Coe hat die Figuren aus zwei Romanen (The Rotter's Club, 2001, und The Closed Circle, 2004) wieder zusammen gebracht und lässt sie die Zeit zwischen 2010 und 2018 erleben, um die politische und soziale Spaltung Großbritanniens zu illustrieren, die schließlich zum Votum für einen Austritt aus der EU führte. Im Mittelpunkt steht Benjamin Trotter, der an einem ewig langen Roman arbeitet und sich mit dem Kauf einer Mühle am Severn bei Shrewsbury, etwa eine Stunde von Birmingham entfernt, einen Traum erfüllt hat. Er bewohnt sie nicht ungern allein, obwohl es nicht so geplant war, eine Trennung dazwischen kam, und das Haus viel zu groß für eine Person ist. Im April 2010 kommt er mit seinem Vater dorthin zurück, nachdem sie die Beerdigung von Benjamins Mutter ohne Abschied verlassen haben. Nach und nach stoßen Doug, Journalist, Benjamins bester Freund aus Jugendjahren und Lois, seine Schwester mit ihrer Tochter Sophie dazu. Zum Kernpersonal gehört noch der Verleger Philip Chase, Bens bester Freund. Die Geschichte endet im September 2018 in einer Mühle an der Sorgue in Südfrankreich, die Ben und Lois mit dem Erlös von der englischen Mühle und ihrem Elternhaus gekauft haben, mit etwa denselben Figuren und noch ein paar mehr. Dazwischen lässt Coe dieses Personal die Jahre von David Camerons Übernahme der Regierungsgeschäfte im Mai 2010 über die als letzte gemeinsame nationale Erfahrung dargestellte Eröffnung der Olympischen Spiele im Sommer 2012, dann die zunehmende Spaltung der Gesellschaft durch die Propaganda vor dem Brexit-Referendum, gipfelnd im rechtsextremistischen Mord an der britischen Labour-Abgeordneten Jo Cox, schließlich die Abstimmung selbst und die Nachwirkungen erleben. Erinnerungen führen in die 70er Jahre, den IRA-Terror und die Blair-Ära. Das alles liest sich dennoch flüssig, obwohl manches doch sehr gewollt daher kommt: So trifft Bens Freund Doug, der mit seiner Frau aus der Oberschicht in Chelsea wohnt, den Sohn eines Schulfreundes, der Assistent von Camerons Pressesprecher ist und verliebt sich in eine Abgeordnete, die wegen ihrer Haltung zum Referendum bedroht wird, und Benjamin stößt in einem Garten-Center auf einen ehemaligen Mitschüler, den er aus den Augen verlor, als seine Eltern Ben auf einen Privatschule schickten, und der sich als Clown kaum über Wasser halten kann. Soziale Ungleichheit, Rassismus, Extremismus, Ausgrenzung – es ist ein Analyse-Roman aus der Sicht eines Remain-Befürworters.

Didaktische Hinweise

Die jüngste Geschichte anhand einer unterhaltsamen Handlung zu rekapitulieren, kann ein ästhetisch angenehmes Erlebnis sein. Den sehr genauen zeitgeschichtlichen Bezügen kann man nachgehen, entsprechende Zeitungsartikel lesen und Videos anschauen. Obwohl die männliche Sichtweise überwiegt, spielen Frauen eine wichtige Rolle und bilden das ganze Spektrum ab von ganz rechts (Helena, Sophies Schwiegermutter) bis ganz links (Coriander, genannt Corrie, Dougs Tochter).

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte
  • Interkulturelle Erziehung

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Interkulturelle Bildung
  • Politische Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783852568010

Umfang

477 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book