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Juli Zeh, Simon Urban: Zwischenwelten

Besprechung

Bei Julis Zehs Roman mit dem Titel „Zwischenwelten“, den sie zusammen mit ihrem Co-Autor Simon Urban geschrieben hat, handelt es sich um einen Briefroman, in dem sich die beiden Protagonisten Theresa Kallis und Stefan Jordan, ausgehend von ihrer Lebenssituation, mit aktuellen, durchaus aber stark polarisierenden Gesellschaftsthemen auseinandersetzen. Theresa und Stefan, die während ihres Studiums zusammen in einer WG gelebt und eine sehr intensive Freundschaft gepflegt haben, treffen sich nach zwanzig Jahren durch Zufall eines Abends in Hamburg an der Außenalster wieder -  Eine Begegnung, die schnell in einen heftigen Streit mündet und die die beiden anschließend per Mail und WhatsApp weiterführen. Die Korrespondenz der beiden erstreckt sich von Januar bis Oktober 2022. Theresa hat ihr Germanistikstudium abgebrochen und lebt mittlerweile zusammen mit ihrem Mann und zwei Söhnen als Milchbäuerin in Brandenburg, wo sie seit dem Tod ihres Vaters den ehemaligen LPG-Bauernhof weiterführt. Stefan ist Single und arbeitet als Kulturchef und stellvertretender Chefredakteur beim „Boten“ in Hamburg. Theresas und Stefans persönliche Situation sowie ihre jeweilige Haltung gegenüber gesellschaftlichen Themen könnten dabei nicht gegensätzlicher sein. Beruflich wie auch privat fühlt sich Stefan als Teil des woken städtischen Zeitgeists. Theresa befindet sich hingegen in einer heftigen Ehekrise mit ihrem Mann, der mit den beiden Söhnen gerade zu seinen Eltern gezogen ist. Nun lebt sie alleine auf dem Hof und arbeitet hart, um den schweren Hofalltag mit 200 Milchkühen zu meistern. Theresas Kritik, die sie gegenüber Stefan äußert, zielt dabei v. a. auf die europäische Agrarpolitik, die an den Bedürfnissen der Landwirte vorbeigehe, die eben gerade nicht auf das von der EU subventionierte Biogas setzen. Vielmehr lege die Politik aus Brüssel die Landwirtschaft durch ihre strenge Umweltauflagen lahm, anstatt die traditionelle Milchwirtschaft zu fördern. Die Politiker in Berlin hätten ebenfalls gar kein Interesse an den Landwirten im Osten. Daher sei es auch nicht verwunderlich, dass sich immer mehr Menschen von der Politik abwenden, der es mehr ums richtige Gendern als um die Unterstützung der Landwirte gehe. Stefan kann Theresas Aufregung nicht teilen. Seine moralische Hybris wird jedoch von zwei jungen Klimaaktivisten erschüttert, die er in seiner Redaktion eingestellt hat, um eine eigene Klimaausgabe für den „Boten“ zu erstellen. Deren ausgeprägtes Sendungsbewusstsein, das sich an vermeintlichen rassistischen Äußerungen zur Frauenfeindlichkeit entzündet, führt schließlich zu einem gewaltigen digitalen Shitstorm, der die ganze Redaktion des Boten durcheinanderbringt und der sich am Ende sogar gegen Stefan selbst richtet. Theresa lässt sich schließlich von ihrer anarchistischen, wohl auch rechtsradikalen Praktikantin Eva überreden, an einer Protestaktion, nach dem Motto: „Ihr wollt Scheiße? – Ihr kriegt Scheiße“ teilzunehmen. Dabei füllen die Aktivisten Gülle in Tomatenmarktuben, die sie in Supermärten verteilen. Trotz einer Annäherung in der realen Welt zwischen Theresa und Stefan, die aber beinahe in einer tätlichen Auseinandersetzung endet ist dann irgendwann gar kein Dialog mehr möglich: Mail delivery failed: returning message to sender.

Didaktische Hinweise

„Zwischenwelten“ eignet sich – gerade durch seine Briefform – sehr gut für dein Einsatz im Deutsch, Ethik- und Politikunterricht Oberstufenunterricht, da die E-Mails und Chats zwischen Theresa und Stefan sehr viel aktuellen Diskussionsstoff liefern, um mit den Schülerinnen und Schülern über aktuelle Themen sowie deren öffentlichen Diskurs zu diskutieren. Folgende Themen können hierbei anhand der Korrespondenz zwischen Theresa und Stefan besprochen werden:

Feminismus

Critical race theory, White Supremacy

Gendern

Klimawandel, Öko- AktivismusProtest, Radikalisierung

Presse, Fake News

Öffentlicher Diskus (Debattenkultur)

Stadt/ Land (Politikverdrossenheit)

 

Zu den o. g. Themen vgl. das Interview NZZ mit Juli Zeh und Simon Urban:

www.nzz.ch/feuilleton/juli-zeh-und-simon-urban-ueber-ihr-buch-zwischen-welten-ld.1721219

 

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Werteerziehung
  • Sprachliche Bildung
  • Soziales Lernen
  • Politische Bildung
  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)

Erscheinungsjahr

2023

ISBN

9783630877419

Umfang

448 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book
  • Hörbuch