Feridun Zaimoglu: Sohn ohne Vater
Besprechung
Der Roman „Sohn ohne Vater“ von Feridun Zaimoglu erzählt die Geschichte eines namenlosen Sohnes, der von seiner Mutter telefonisch erfährt, dass sein Vater in der Türkei verstorben ist. Die Eltern des Ich-Erzählers waren in den 1960er Jahren als Gastarbeiter nach Deutschland gekommen und sind vor einiger Zeit wieder zurück in die alte Heimat gezogen. Ähnlich wie in Fatma Aydemirs Roman „Dschinns“ macht sich auch in „Sohn ohne Vater“ der Ich-Erzähler auf den Weg in die Türkei, um den Leichnam seines Vaters nach dortigem Brauch zu beerdigen. Da der Ich-Erzähler unter starker Flugangst leidet und er sich, obwohl er einen Führerschein besitzt, nicht in der Lage sieht, die lange Fahrt von seinem Wohnort Kiel in die Türkei alleine zu bewältigen, erklären sich zwei Freunde bereit, ihn mit einem Wohnmobil in die Türkei zu fahren. Die beschwerliche, mitunter auch abenteuerliche Fahrt führt über Österreich, Ungarn, Serbien und Bulgarien in die Türkei. Während der langen Autofahrt löst der Schmerz über den Verlust des Vaters in dem Ich-Erzähler einen intensiven inneren Prozess aus. Die emotionale Ausnahmesituation des Ich-Erzählers und das Gefühlschaos, das der Tod des Vaters mit sich bringt, offenbart sich den Leserinnen und Lesern während der Autofahrt in chronologisch ungeordneten und unkontrollierten Rückblenden, Erinnerungsfetzen und kleine Anekdoten über den verstorbenen Vater. Immer wieder verschwimmen Realität und Fiktion und die äußeren Reisestationen vermischen sich mit surrealen Situationen. Dabei erinnert sich der Sohn nicht nur an Szenen seiner Jugend, sondern fragt sich auch, wie der Vater von anderen wahrgenommen wurde – alles Fragen, die den Sohn am Ende dazu bringen, die eigene Erinnerungsfähigkeit zu reflektieren. Je mehr sich der trauernde Sohn dem Grab des Vaters nähert, desto fremder kommt ihm der Vater vor, der am Ende seines Lebens zudem in einem für den Sohn fremden Land gelebt hat. Der Roman endet mit dem Abschied am Grab des Vaters und dem Aufeinandertreffen mit der Mutter, die bis dahin nur am Telefon präsent war.
Didaktische Hinweise
Der autofiktive Roman „Sohn ohne Vater“ von Feridun Zaimoglu eignet sich in Auszügen sehr gut auch zum Einsatz im Deutschunterricht, denn er lädt die Schülerinnen und Schüler dazu ein, über dem Umgang mit Verlust nachzudenken. Dabei zeigt sich, dass es sich hierbei um einen sehr komplexen Prozess handelt, der auf unterschiedlichen Ebenen stattfindet. Die Erinnerung spielt dabei eine wichtige Rolle, wobei gerade diese, so die Erfahrung des Ich-Erzählers, sehr schmerzhalft und widersprüchlich sein kann. Einerseits fühlt er sich dem Vater sehr nah, gleichzeitig stellt sich aber auch ein Gefühl der Fremdheit ein, da der Vater in seinem Leben eben nicht nur Vater war, sondern auch andere soziale Rollen eingenommen hat, die außerhalb der Lebenswirklichkeit des Sohnes lagen. Die Tatsache, dass der Roman zwischen zwei Kulturen und Generationen spielt, trägt zu dem Gefühl der Fremdheit bei. Auch formal ist die Besprechung von Auszügen aus Feridun Zaimoglu Roman im Unterricht gewinnbringend, da er eine sehr komplexe narrative Struktur aufweist, wobei verschiedene Erzählperspektiven immer wieder wechseln und vermischt werden.
Gattung
- Romane
Eignung
themenspezifisch geeignetAltersempfehlung
Jgst. 10 bis 13Fächer
- Deutsch
- Sozialkunde/Politik und Gesellschaft
FÜZ
- Alltagskompetenz und Lebensökonomie
- Familien- und Sexualerziehung
- Interkulturelle Bildung
- Soziales Lernen
- Werteerziehung
Erscheinungsjahr
2025ISBN
9783462005882Umfang
280 SeitenMedien
- Buch