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Ilya Kaminsky: Republik der Taubheit

Besprechung

Eine ergreifende Parabel über Krieg und Menschlichkeit

Ilya Kaminskys 2019 in englischer Sprache erschienene Parabel über Menschlichkeit und Widerstand im Krieg ist ein in freien Versen geschriebenes Drama. Vorangestellt sind ihm die prophetischen Worten: „Wir lebten glücklich während des Krieges“. Dass Kaminskys Werk auf die Besetzung der Krim durch Russland verweist, ist nur eine Vermutung, denn der Text handelt nicht von einen bestimmten Krieg, auch wenn er sich wie eine Vorwegnahme des Angriffs auf die Ukraine liest.

Kaminsky wurde 1977 in der Sowjetunion in der ukrainischen Stadt Odessa geboren; 1993 wanderte seine Familie in die USA aus, wo sie politisches Asyl erhielt. Der Autor verlor mit vier Jahren fast vollständig sein Gehör, erst mit 16 Jahren erhielt er in den USA ein Hörgerät. „Republik der Taubheit“ ist deshalb auch eine Geschichte über das Nichthören, das für die Einwohner der fiktiven Stadt Vasenka zur Waffe gegen die Besatzer wird.

Beim Einmarsch in diese Stadt wird ein gehörloser Junge, der einem Puppenspiel zusieht, von den Soldaten erschossen. Die Bewohner beschließen daraufhin zu schweigen und sich nur noch mittels Gebärden zu verständigen, die ihnen von den Puppenspielern, zu denen Alfonso und Sonya gehören, beigebracht werden. Ihre Arbeitgeberin Galya schreibt an die Soldatenbaracken „Niemand kann euch hören“, womit der Widerstand beginnt. Alfonso und Sonya werden später von den Soldaten getötet, woraufhin sich Galya ihrer Tochter Anuschka annimmt und den Aufstand anführt. Am Schluss wird Galya von den wütenden Einwohnern umgebracht, die sie für die Ermordung ihrer Angehörigen durch die fremden Soldaten verantwortlich machen.

Didaktische Hinweise

Die Gedichte und kurzen Prosatexte sind anrührend und gehen unter die Haut, denn die Grausamkeit der Soldaten sowie die Verzweiflung und Trauer der Bewohner werden in einer direkten und klaren, aber dennoch höchst poetischen Sprache geschildert, die Anja Kampmann wundervoll ins Deutsche übertragen hat. Der schmale Band ließe sich im Unterricht auch vollständig besprechen und man kann anhand der ausweglosen Situation, aber auch des lautlosen Widerstands der Einwohner über Krieg und Auflehnung sprechen und auf aktuelle Gegebenheiten verweisen. Allerdings ließen sich einzelne Passagen auch herauslösen und interpretieren, zum Beispiel das letzte Gedicht, in dem es unter anderem heißt: „Bewohner der Erde seit einpaarundvierzig Jahren/ fand ich mich einst in einem friedlichen Land. Ich sehe, wie Nachbarn/ ihre Telefone aufklappen, um sich anzusehen,/ wie ein Polizist von einem Mann den Führerschein verlangt. Als der/ Mann nach seinem Portemonnaie greift, schießt/ der Polizist. Durch das Autofenster. Schießt.“ Diese Verse rekurrieren recht deutlich auf Polizeigewalt in den USA und verknüpfen die Bestialität des zuvor geschilderten Krieges mit der Brutalität, die auch in „friedlichen“ Ländern immer wieder sichtbar wird.

Darüber hinaus eignet sich der Roman auch zur Vermittlung der Bildungsziele für nachhaltige Entwicklung (BNE), und zwar vor allem das Ziel Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen (16).

 

Gattung

  • Lyrik

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Interkulturelle Bildung
  • Soziales Lernen
  • Sprachliche Bildung
  • Werteerziehung
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)

Erscheinungsjahr

2022

ISBN

9783446272736

Umfang

112 Seiten

Medien

  • Buch