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Jan Guillou: Evil. Das Böse

Besprechung

Jan Guillous autobiografischer Roman erschien bereits 1981 in Schweden. Inzwischen wurde er auf deutsch übersetzt, für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert und 2003 erfolgreich verfilmt. Hier einige Pressestimmen: „Ein berührender Roman“ (Brigitte, 06.06.07); „Meisterhaft inszeniert Jan Guillou diese Geschichte einer in sich widersprüchlichen Selbstinszenierung“ (Die Zeit, 19.01.2006); „Das Buch bietet keine einfache Moralpredigt, sondern eine exakte Analyse, eine Arithmetik der Gewalt und der Grausamkeit“ (Süddeutsche Zeitung); „Endlich auf deutsch. Fast unerträglich gut“ (Stern); „Was für ein Glück, dass dieses Buch … endlich ins Deutsche übersetzt wurde. Obwohl ›Glück‹ nicht der richtige Ausdruck ist: Etwas Beklemmenderes zum Thema Gewalt habe ich noch nicht gelesen. Etwas Besseres auch nicht. Jeder, der sich für dieses Thema interessiert – also so gut wie alle Jugendlichen –, und jeder, der lieber einen Bogen darum machen würde, sollte das Buch lesen“ (Monika Osberghaus in Börsenblatt Spezial); „Der eindrucksvolle Romane gilt als Jugendbuch und ist in Schweden Schullektüre ...“ (Der Spiegel); „Ein beeindruckendes, aufwühlendes literarisches Werk … das einen nach der Lektüre wirklich nachdenklich zurücklässt.“ (Bulletin Jugend und Literatur); „Das Böse ist keine Eigenschaft, es ist eine Macht. Das lässt sich in ›Evil‹ lernen“ (Die Tageszeitung). Auf sehr spannende Weise und mit klarer, kühler Sprache erzählt der Autor vom 14-jährigen Erik, der von seinem Schulrektor als das „personifizierte Böse“ bezeichnet wird. Erik wird durch die Schläge seines Vaters zur Gewalt erzogen. In der Schule gründet er eine Bande, die Mitschüler zu Geldzahlungen zwingt und dabei vor Prügeln nicht zurückschreckt. Erik kann sich als Chef dieser Gruppe nur mit massiver Gewaltanwendung behaupten. Dabei kalkuliert er sehr genau und präzise seine psychologische Wirkung und die Art der beigebrachten Verletzungen bei seinen Opfern ein. Wegen seines kriminellen Wesens wird Erik von der Schule verbannt. Da eröffnet sich für ihn eine neue Chance: Seine Mutter, die bisher ihrem schlagenden Ehemann nur passiv zugeschaut hatte, bringt ihren Sohn im Eliteinternat Stjärnsberg unter. Dies ist der einzige Weg für Erik, doch noch das Abitur machen zu können, und er schwört sich auf dem Weg dorthin, sich nie wieder zu prügeln. Doch leider kommt es ganz anders. Erik erlebt im Internat die dort praktizierte „Kameradenerziehung“. Die älteren Mitschüler quälen und tyrannisieren die jüngeren, um Disziplin und Ordnung aufrechtzuerhalten. Jedoch ist deutlich die Lust an der Macht und der Zufügung von Schmerz zu spüren. Wer sich wehrt, wird nur noch härter bestraft oder fliegt von der Schule. Die Lehrer geben sich ahnungslos und übersehen blaue Flecken und Wunden. Im örtlichen Krankenhaus werden die Opfer, die angeblich eine Treppe hinuntergestürzt sind, wieder zusammengeflickt. Das Wegsehen wird immer schwieriger, und es wird dem Leser bewusst, dass die Zuschauer von Gewalttaten genauso grausam sind wie die Gewalttäter. Eriks Zimmergenosse Pierre, ein Pazifist und Intellektueller, erzählt ihm begeistert von Gandhi: "Man muss andere Methoden anwenden als Gewalt, wenn man gegen die Gemeinheit kämpfen will, und man muss viele kleine Leute auf einmal sein, wenn es klappen soll." Pierre und Erik führen viele lange Gespräche und fragen sich: Kann man Hass nur mit neuem Hass bekämpfen, Angst nur durch noch mehr Angst und Gewalt mit Gewalt? Die „Oberklasse“ im Internat spürt zunehmend die Bedrohung ihres Systems durch das Verhalten der beiden Jungen und sucht fast verzweifelt neue Wege, um die beiden zur Unterordnung zu zwingen. Dass dabei das Blut bis an die Decke spritzt, Nasenbeine gezielt gebrochen, Zähne ausgeschlagen und Angst und Schrecken verbreitet werden, nehmen beide Seiten in Kauf. Als für Pierre die Situation unerträglich wird, verlässt er die Schule. Erik dagegen geht mit einer letzten großen Gewaltaktion gegen seine Quäler vor und taktiert dabei genau: Schließlich will er sein Abitur nicht gefährden, denn er will Rechtsanwalt werden, um das System von innen heraus und gewaltlos zu verändern. Schonungslos, distanziert und äußerst präzise schildert der Autor die gewalttätigen Auseinandersetzungen. Dabei entschuldigt er Eriks Verhalten nicht durch dessen fatale Erziehung. Erik reflektiert sein Tun, hat durchaus auch Mitleid mit seinen Opfern, nimmt die Gewaltaktionen aber letztlich als notwendig hin. Im Verlauf des Buches wird die Frage nach der Entstehung von Gewalt, nach der Gewaltvermeidung und nach der Rechtfertigung von Gewalt immer intensiver gestellt. Der erschütternde Roman ist ein lesenswertes Buch, keine leichte Kost und für zart besaitete Gemüter sicherlich schwer verdaulich. Deshalb sollte dieses Buch nur gemeinsam gelesen und vor allem gemeinsam besprochen werden.

Didaktische Hinweise

Obwohl der außergewöhnliche Roman allseits hoch gelobt wird, kann er nur bedingt als Klassenlektüre empfohlen werden. Er umfasst immerhin weit mehr als 400 Seiten und ist sicherlich nicht für jedermann gut verträglich. Bevor man „Evil“ in einer Klasse bespricht, ist es ratsam, den Roman selbst zu lesen und dann zu entscheiden, ob er wirklich für die Zusammensetzung der Klasse geeignet ist. Für den Unterricht bietet sich z. B. ein Vergleich zwischen dem Buch und der für den Oscar nominierten Verfilmung von 2003 an. Im Internet ist dabei die Lehrer-Seite www.lehrer-online.de/evil.php hilfreich, die didaktische Informationen, Arbeitsmaterialien und eine Unterrichtseinheit von sechs Stunden liefert. Der Autor dieser Unterrichtshilfen ist Tobias Hübner, staatlich geprüfter Medienpädagoge und Autor der Internetseite www.medienistik.de, die sich speziell mit neuen Medien im Deutschunterricht auseinandersetzt. Bei dtv findet sich ebenfalls eine Unterrichtshilfe zu dem Romane „Evil“. Richard Klimmer hat hier auf der Lehrer-Seite des Verlages im Internet ein ausführliches und hilfreiches Unterrichtsmodell für die Klassen 9 bis 10 erarbeitet, das kostenlos heruntergeladen werden kann.

Alle hier rezensierten Werke von Jan Guillou

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 11

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2007

ISBN

9783423623018

Umfang

445 Seiten

Medien

  • Buch