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Tove Ditlevsen: Die Kopenhagen-Trilogie- Kindheit/ Jugend/ Abhängigkeit

Besprechung

Autobiografische Kurzromane einer Schriftstellerin aus dem Kopenhagener Arbeiter-Milieu.

Tove Ditlevsen lebte von 1917 bis 1976. Als ihre Autobiografie erschien 1967 (Band 1+2) und 1971 (Band 3), war sie in Dänemark bereits eine berühmte Schriftstellerin. Nun werden die drei Bände gleichzeitig in 16 Sprachen übersetzt. Erinnerungen seien, so die Autorin im letzten Satz von „Kindheit“, diese „Seelenbibliothek, aus der ich bis an mein Lebensende Wissen und Erfahrungen schöpfen werde.“ In den drei Bänden ihrer Autobiografie tut sie das ohne Beschönigung: Sie schildert den Alltag ihrer Kindheit im Kopenhagener Arbeiterviertel Vesterbro, manchmal mit roher Direktheit, oft auch fast lyrisch oder mit leiser Ironie. Sie lebt mit ihren Eltern und ihrem Bruder in einer kleinen Wohnung und kämpft um die Liebe einer unberechenbaren und mit sich beschäftigten Mutter. Der Vater gerät immer wieder in die Arbeitslosigkeit. Früh beginnt sie, Gedichte zu schreiben und versteckt sie in einer Schublade, da sie kein eigenes Zimmer hat. Einige sehr erotische Texte stellt die 14-Jährige dem Redakteur einer Kinderseite vor, der sie auf später vertröstet. Mit der Konfirmation und dem Eintritt in die Arbeitswelt endet die Kindheit und es folgt in „Jugend“ die Schilderung zahlreicher Arbeitsplatzwechsel und die Gründung einer Theatergruppe. Bevor sie 18 ist, kann sie nicht bei ihren Eltern ausziehen und sehnt sich nach einem privaten Ort zum Schreiben. Tove zieht mit einer Freundin durch die Kneipen und macht Männerbekanntschaften. Einer dieser Männer vermittelt ihr den Herausgeber einer Zeitung, die junge Talente fördert, eines ihrer Gedichte wird gedruckt, und sie lernt den 30 Jahre älteren Mann mit der Vorliebe für die Farbe Grün kennen. Mit dem Erscheinen ihres ersten Buchs „Mädchenseele“ endet der Band „Jugend“. „Abhängigkeit“, fünf Jahre später veröffentlicht, erzählt von diesen fünf Jahren. Nach der Ehe mit dem gefühlskalten Herausgeber heiratet sie Ebbe, bekommt ein Mädchen namens Helle, treibt ein Kind ab, wird nach dem Besuch eines Faschingsballs wieder schwanger und von dem mutmaßlichen Vater, einem angehenden Mediziner, nach einer neuerlichen Abtreibung mit Medikamenten süchtig gemacht. Sie heiratet den Mediziner, der sich als schwer psychotisch herausstellt. Nach vielen Rückfällen, Rezeptfälschungen, abgemagert auf 30 Kilo und Monaten in einer Entzugsklinik kehrt Tove zu ihren Kindern zurück, die von einer liebevollen Kinderfrau betreut wurden. Ein neuer Liebhaber rettet sie aus der Abhängigkeit. Tove Ditlevsen nahm sich 1976 nach zahlreichen Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken wegen ihrer Sucht mit Schlaftabletten das Leben.

Didaktische Hinweise

Das autobiografische Schreiben ist ein wenig in Mode gekommen. Das hat zur Wiederentdeckung der ungewöhnlichen Autorin geführt, die beschreibt, wie es ist, in einem Milieu aufzuwachsen, dem man sich nicht zugehörig fühlt. Wie Annie Ernaux, Didier Eribon und Edouard Louis entstammte sie dem Arbeitermilieu und musste sich den Zugang zu Bildung erkämpfen. Anders als diese schreibt sie naturalistisch, es gibt keine Reflexionsebene und keine intertextuellen Verweise. Tove Ditlevsens Geschichte spielt vor dem Hintergrund des aufkommenden Nationalsozialismus und der Besetzung Dänemarks durch die Deutschen.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2021

ISBN

9783351038687

Umfang

445 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book