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Bilbo Calvez: Saruj

Besprechung

Den zur Zeit boomenden dystopischen Werken setzt die Autorin Bilbo Calvez eine positive Utopie entgegen. Befreit vom Kapitalismus und dessen Geldmaschinerie, losgelöst von Machtgedanken und Besitzansprüchen, wird der Leser/ die Leserin mit einer Zukunft konfrontiert, die zum Nachdenken anregt.

Der Mensch im Einklang mit der Natur, im sinnvollen Umgang mit den Ressourcen und den technischen Errungenschaften – kein Krieg, keine Landesgrenzen, keine Regeln. Das Zusammenleben besteht aus Achtsamkeit und Freiwilligkeit. Ein schwer vorstellbares, aber reizvolles Gedankenexperiment rund um die beiden Protagonisten Saruj und Kevalam. 

2065: Die jugendliche Saruj, in der neuen Weltordnung aufgewachsen, trifft durch einen Unfall auf den jugendlichen Kevalam, der als Sohn eines reichen Unternehmers abgeschottet von der Welt und deren revolutionären Entwicklungen aufwuchs. Die beiden verlieben sich ineinander und Kev (alias: „Kevalam“) lernt Sarujs Welt kennen. Diese pflegt enge Kontakte zu spirituellen Menschen. Kev, dem diese neue Weltordnung fremd ist, hinterfragt deren Leben ohne Regeln, ohne Besitzansprüche, ohne Strafe und bleibt Zweifelnder bis zuletzt. Wie lebt man gemeinsam, wenn alles freiwillig ist? Wie löst man Schwierigkeiten, wenn es kein Rechtssystem und keinen Strafvollzug gibt? Wie funktioniert die Ernährungskette, wenn es keine klassischen Berufsbilder mehr gibt?

Der inhaltliche Aufbau bleibt ohne große Spannungsbögen und verlangt von den Lesenden Durchhaltevermögen. Der neuen Zeit angemessen wird auch eine entsprechende Grammatik eingeführt, welche genderneutral ausgerichtet ist und besonders für Deutsch-Lehrkräfte interessant sein dürfte. Eine ausführliche Erläuterung wird im Appendix auf 16 Seiten beschrieben. Die Sprache des Buches ist nicht speziell an junge Leserinnen und Leser gerichtet. Die vielen ausschweifenden Dialoge sind geprägt von esoterischem, schamanistischem und spirituellem Gedankengut.  

Didaktische Hinweise

Für Deutschlehrkräfte der Sekundarstufe 2 bietet die genderneutrale Grammatik interessante Ansätze und Diskussionsstoff. „Die Grammatik der Zukunft“, wie die Autorin ihre Sprachabwandlung nennt, besteht aus neuen Wörtern, einen vierten, genderneutralen Artikel und einer Weltsprache, das Globische.

Die neuen Wortschöpfungen können in einem siebenseitigen Glossar nachgeschlagen werden. Dort findet man Wörter wie: „Codere“ = Programmierer, „Frimuse“ = vegane Frikadelle, „Holofon“ = Telefon, das Hologramme versendet und empfängt, oder „klumpern“ = Gruppenkuscheln.

Der neue genderneutrale Artikel lautet im Nominativ „dide“, das Personalpronomen im gleichen Fall „sier“. Demgemäß dekliniert die Autorin ihre Grammatik auf sechs Seiten fort: „desseren“ heißt das genderneutrale Demonstrativpronomen im Genitiv, „manchere“ das Indefinitpronomen im Akkusativ. Sogar Ausnahmeregelungen sind bereits bedacht. So liest man Sätze wie: „Ich bin von keineren Mensche angesprochen worden“, „das besondere Ohr einerer talentierter Musikere“.  

Das Globische ist eine Sprache, die ohne Artikel auskommt und deren Merkmale auf drei Seiten gesondert behandelt werden. Für die Sekundarstufe 2 eine konkrete Grundlage zur Diskussion von sprachlichen Entwicklungen und Veränderungen.

Der Umfang des Romans stellt für den Unterricht eine Herausforderung dar. 500 Seiten in kleiner Schriftgröße benötigen Zeit. Auszugsweise sind die Kapitel ab S.161 für Schülerinnen und Schüler sicher interessant. Sie beschreiben das Leben in Berlin im Jahre 2065 und bieten Anregungen, selbst positiv in die Zukunft zu blicken. 

Gattung

  • Romane
  • Science-Fiction

Eignung

als Theorie für Lehrkräfte

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

FÜZ

  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie
  • Bildung für Nachhaltige Entwicklung (Umweltbildung, Globales Lernen)
  • Politische Bildung
  • Sprachliche Bildung
  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2022

ISBN

9783927266810

Umfang

507 Seiten

Medien

  • Buch