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Valerie Fritsch: Herzklappen von Johnson & Johnson

Besprechung

Über das Empfinden von Schmerz: eine Generation versucht ihn loszuwerden, dem Urenkel fehlt das Gen, ihn zu empfinden. Alma hört als Kind gerne die Erzählungen ihrer Eltern und ihrer Großeltern, doch spürt sie von Anfang an Lücken und Widersprüche zur erfahrenen Realität. Sie füllt die Lücken mit den Bildern von Krieg, Flucht und Gefangenschaft aus ihren Träumen, als wären es ihre eigenen Erinnerungen: „Es war, als hätten ihr die Großeltern ihr eigenes Schicksal in den Doppelhelixsträngen der DNA weitergegeben.“ Als Alma Friedrich trifft und sie nach einer intensiven Beziehung einen Sohn bekommen, stellt sich heraus, dass er aufgrund eines Gendefekts keinen physischen Schmerz empfinden kann. Dem Urenkel der Kriegs- und Tätergeneration, die den Schmerz zu verdrängen versucht hat, muss man mit Worten zu erklären versuchen, was Schmerz ist. Als der Großvater stirbt, erschießt sich die Großmutter drei Tage später. Alma, Friedrich und der kleine Emil brechen auf zu einer langen Reise mit dem Auto nach Kasachstan an die sibirische Grenze, zu dem Ort, wo der Großvater in Kriegsgefangenschaft war. Nicht zufällig endet der Roman dort, mit dem Blick auf einen Zirkusartisten auf einem Nagelbrett: „Emil lachte.“ Sehr genaue Schilderungen von Wahrnehmungen und Empfindungen in oft langen Sätzen ziehen die/den Leser/in in den Bann der Erzählung. Fast ein wenig zu aufdringlich ist die Schmerzsymbolik im ganzen Text präsent.

Didaktische Hinweise

Der Titel weist auf die metallenen Ersatzteile hin, die dem Großvater eingepflanzt wurden, auf die Schmerzunempfindlichkeit des Materials in dem Organ, dem das Gefühl symbolisch zugeordnet wird. Die Analyse der Symbolik des Schmerzes, einschließlich der christlichen Figur des „Schmerzensmannes“ ist ein Weg zum Verständnis des Textes. Vergleiche mit anderen Romanen, in denen Nachgeborene die Traumata ihrer Vorfahren erleben, liegen nahe (z. B. Christa Wolffs „Kindheitsmuster”), zahlreiche Sachbücher befassen sich mit dem Thema, auch mit der Forschung an der genetischen Prägung durch Traumata.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2020

ISBN

9783518429174

Umfang

175 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book