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Daniel Miller: Der Trost der Dinge. Fünfzehn Porträts aus dem London von heute. Aus dem Englischen von Frank Jakubzik

Besprechung

Dem englischen Anthropologen Daniel Miller (er beschäftigt sich u. a. mit materieller Kultur und Konsum) ist mit dieser Befragung der Bewohner einer Londoner Straße über die Dinge in ihren Wohnungen ein Blick ins Herz Londons gelungen. Da Miller Dinge immer als Teil von Beziehungen sieht, wird an ihnen das ganze Leben der Befragten deutlich. Auch wenn dem Buch der Vorwurf zu geringer Distanz, Unsauberkeit bei der Begrifflichkeit der „Dinge“ (auch ein Hund zählt dazu) etc. gemacht wird, es also streng wissenschaftlichen Maßstäben der Feldforschung wohl nicht standhält, kann sich der unbefangene Leser dem Reiz und der Fülle des Materials und auch der empathischen Herangehensweise Millers und seiner Kollegin nicht entziehen. Fast alle Befragten (leider ist ihre Zahl in der deutschen Übersetzung reduziert) setzen sich mit ihren Eltern auseinander, entweder in deutlicher Kontinuität, Anlehnung und Verehrung oder in bewusster Absetzung, wenn etwa Spielzeuge und Essen bei McDonald's gegen bürgerliche Gesinnung der Elterngeneration gesetzt werden. Eine gigantische Schallplattensammlung charakterisiert ihren Besitzer in seiner Differenziertheit (und Schwierigkeit), eine quasi leere Wohnung weist auf die Begrenztheit und Traurigkeit ihres Besitzers hin, ein Nachkömmling von Aborigines scheint Besitz genauso abzulehnen wie seine Vorfahren, sorgt sich allerdings um den möglichen Verlust seiner Daten. Gezeigt wird an banalen Dingen des Alltags, wie auch in individualisierten Gesellschaften Menschen Sinn- und Bezugssysteme herstellen, ähnlich wie es sie in traditionellen Gesellschaften immer gab und auch heute noch gibt, hier allerdings stärker vermittelt durch Überlieferung, Religion etc.

Didaktische Hinweise

Man kann das Buch (auch auszugsweise) ganz einfach als literarisch geglückte Darstellung lesen, man kann es auch als Ausgangspunkt und Motivation für eine Fülle von Schreibanlässen nehmen. Folgende Projekte in Form von Interviews, Reportagen oder Berichten könnten durch die Lektüre des Buches angeregt werden (eine Zusammenarbeit mit Geschichte bietet sich an): a) Sehen Sie sich gemeinsam mit älteren Verwandten deren Fotos an und schreiben sie darüber (Erzählungen, Reaktionen etc.); b) Informieren Sie sich über Vorgehensweisen anthropologischer Forschung; c) Diskutieren Sie die Kritik an dem Buch als wissenschaftlicher Veröffentlichung; d) Befragen Sie Freunde, Verwandte über deren Zimmer- oder Wohnungseinrichtung; e) Lassen Sie sich Gärten, Außenanlagen, Garagen etc. zeigen und darüber erzählen; f) Welchen Sport üben Freunde, Verwandte, Familienmitglieder aus und was bedeutet er für die Befragten? g) Befragen Sie jüngere Freunde, Geschwister über deren Hobbies oder Spielzeuge / Lieblingsgegenstände; h) Welche Erfahrungen haben gleichaltrige, ältere und jüngere Freunde mit Computerspielen gemacht; i) An welche Kinderbücher/Spielzeuge erinnern sich Mitschüler? Welche Bedeutung hatten diese Bücher oder Spielzeuge? j) Gibt es bevorzugte oder besonders abgelehnte Nahrungsmittel? Welche Erfahrungen verbinden sich damit? k) Welche Rollen spielen Autos/Motorräder im Leben der Befragten? l) Welche Arten von Freizeitgestaltung/Hobbies gibt es bei den Befragten? Nach dem Vorbild von Millers Interviews müsste dann auch versucht werden, die Antworten auf diese zunächst banal klingenden Fragen in einen größeren Kontext zu stellen, zu bewerten und einzuordnen.

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • andere Länder & Kulturen, Reisen, Abenteuer

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Interkulturelle Erziehung
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

FÜZ

  • Werteerziehung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783518126134

Umfang

226 Seiten

Medien

  • Buch