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Paul Auster: Unsichtbar

Besprechung

Für die Verachteten und Unsichtbaren hat sich der Erzähler Adam Walker sein Leben lang eingesetzt, schreibt er, bereits todkrank, seinem Studienfreund Jim. Aber eigentlich wollte er Dichter werden, als er in New York Literatur studierte und dort 1967 den Franzosen Rudolf Born und dessen verführerische Geliebte Margot traf. Diese Begegnung, zunächst viel versprechend, aber auch verstörend, nimmt ein schlimmes Ende, als Born einen schwarzen Jugendlichen, zunächst in Notwehr, niedersticht. Adam will Hilfe holen, da ist der Junge verschwunden und wird mit zahllosen Messerstichen getötet aufgefunden. Born entzieht sich einer Untersuchung des Falls durch die verfrühte Rückreise nach Paris. Als Adam ein Studienjahr in Paris verbringen will, begegnet er zuerst Margot, dann Born noch einmal, versucht Gerechtigkeit herzustellen, indem er die Frau, die Born zu heiraten beabsichtigt, über ihren zukünftigen Mann aufklärt, muss sich aber dem Mächtigeren geschlagen geben. Er kehrt zurück nach New York, hängt seine Schriftsteller-Karriere an den Nagel und wird Anwalt. Aber er verfasst seine Erinnerungen an das Frühjahr 1967. Das Kapitel „Sommer“ schreibt er auf Anraten seines Jugendfreundes Jim, der als Herausgeber des Romans in die Geschichte eintritt, in der zweiten Person, um die nötige Distanz zu bekommen zu der Schilderung des inzestuösen Verhältnisses zu seiner Schwester, mit der er sich eng verbunden fühlt, seit ihr kleiner Bruder ertrunken ist. Den dritten Teil findet Jim in Form von Notizen, als er zu einem Treffen mit Adam anreist, den er nicht mehr lebend vorfindet. Adams Schwester, der Jim die Fragmente des Buchs schickt, weist den Inzest weit von sich, möchte aber der Veröffentlichung der gesamten Lebenserinnerungen ihres Bruders nicht im Wege stehen. In einem letzten Teil berichtet Jim von weiteren Nachforschungen und von der Tochter der Frau, die Born nach seiner Trennung von Margot heiraten wollte. Diese hat den alten Born auf einer Insel in der Karibik besucht, wo er wie ein alter Kolonialist haust. Bis zum Schluss bleibt „unsichtbar“, welche Art Machenschaften Born eigentlich verfolgt hat. Die Handlung beinhaltet alle Motive, die für Bestseller vermarktet werden: Reichtum, Mord, Inzest, scharfe Sex-Szenen, Erniedrigung, gar vielleicht Spionage. Damit wird aber nur das Szenario skizziert, vor dessen Hintergrund der Entwicklungsroman eines Schriftstellers spielt, zwischen der neuen und der alten Welt und an einer Zeitenwende angesiedelt: im Jahr1967 im Amerika des Vietnamkrieges und dem Paris der Studentenrevolte. Der Wechsel der Erzählperspektive, die „blancs“ im Handlungsverlauf und die distanzierende Rolle des „Herausgebers“ der Lebenserinnerungen, der wie der Protagonist wohl auch Züge des Autors trägt, sind altbekannte Auster'sche Verfahren, auch hier wieder kunstvoll eingesetzt.

Didaktische Hinweise

Im Unterricht könnten das Titel gebende Motiv des Unsichtbaren und weitere Motive (z. B. der mephistophelische Mentor, der „summer of love“, der Zwiespalt zwischen Privatem und Öffentlichem) untersucht werden. Vergleiche mit früheren Romanen Austers oder mit der Fernsehserie „Mad men“ sind als Thema für ein Seminar geeignet. Die Analyse der Übersetzung ist interessant, so z. B. der letzte Brief des ertrunkenen Bruders, s. SZ, 16.07.2010.

Alle hier rezensierten Werke von Paul Auster

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783498000813

Umfang

320 Seiten

Medien

  • Buch