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Kenah Cusanit: Babel

Besprechung

Im Zentrum des Romans steht ein Tag im Leben des Berliner Orientforschers und Archäologen Robert Koldewey, der von der Deutschen Orient-Gesellschaft, dem Preußischen Staat und dem orientverliebten Kaiser Wilhelm II. damit beauftragt wurde, Babylon auszugraben. Den renommierten Ausgräber und Wissenschaftler plagen unterschiedlichste Sorgen: Zum einen sind das die enormen Blinddarm-Beschwerden, die er versucht, mit Hilfe von Liebermeisters „Grundriss der inneren Medizin“ selbst zu behandeln. Zum anderen sieht er sich den verschiedenen Erwartungen seiner unterschiedlichen Auftraggeber ausgesetzt; er selbst verfolgt hingegen eine größere Vision: Während er Babylon nur punktuell erfassen soll, will Koldewey die gesamte Stadt (10 Quadratkilometer) freilegen. Dies hat u.a. einen sehr regen Briefwechsel zur Folge, den der Leser mitliest. Die Aufgabe ist enorm, der Druck gewaltig. Koldewey spürt 1913, dass er die Wiege der Zivilisation ausgräbt, die einst das „Licht aus dem Osten“ gen Okzident geschickt hat. Doch weltpolitische Umwälzungen werden dafür sorgen, dass mit dem Ersten Weltkrieg vom Okzident her ein langer Schatten über die ganze Welt geworfen wird. Davor müssen die Funde in Sicherheit gebracht werden. Die Großmächte graben fleißig und „bedienen“ sich an den Schätzen, um sie generös zu sichern. In Berlin werden das Ischtartor, die Thronsaalfassade des Palastes von König Nebukadnezar, der Pergamonaltar und die Prozessionsstraße auf der Museumsinsel wiederaufgebaut, um die babylonische Kultur zu bewahren. Trotz langer und manchmal ermüdender Passagen des Dozierens streut Cusanit auch immer wieder witzige Episoden ein, wie zum Beispiel die Begegnung zwischen Koldewey und Kaiser Willhelm II., der über die Fortschritte bei seiner Lieblingsgrabung unterrichtet werden möchte. Im Roman wird ein enormes Panorama an erstaunlichen Erkenntnissen (z.B. Sonntagsruhe als urmesopotamische Tradition) und breitem Wissen an kulturgeschichtlichen Details (z.B. Verhältnis von Bild und Schrift in der babylonischen Keilschrift, Weltsprache Babylonisch, Erfindung der Drainagetechniken für die Bewässerung der Felder, Verluste an verwandten Ideen zwischen Ost und West) ausgebreitet. Man merkt der Autorin an, dass sie Altorientalistin ist, die viel, manchmal zu viel, unterbringen möchte.

Didaktische Hinweise

Dieser Roman ist themenspezifisch einsetzbar und Schülerinnen und Schülern der Jahrgänge 12 und 13, die an archäologischen Themen interessiert sind, zu empfehlen. Auch im Zusammenhang mit der biblisch-kritischen Exegese (Vorläufergeschichten der biblischen zum Beispiel Sintflut- oder Schöpfungserzählungen), der Auseinandersetzung mit dem Alten Testament (babylonisches Exil, Turmbau zu Babel) und der Grundfrage nach dem Zusammenhang von Glauben und Wissen ist die Lektüre gewinnbringend.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 12 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Interkulturelle Bildung
  • Sprachliche Bildung

Erscheinungsjahr

2019

ISBN

9783446261655

Umfang

267 Seiten

Medien

  • Buch
  • E-Book