Markus Thielemann: Vom Norden rollt ein Donner

Besprechung

Bei dem Roman mit dem Titel: „Von Norden rollte ein Donner“ von Markus Thielemann handelt es sich um einen Coming-of-Age Roman. Im Mittelpunkt steht der 19-jährige wortkarge Jannes Kohlmeyer, der wie bereits Generationen vor ihm, Schäfer ist. Jannes arbeitet auf dem Hof seiner Eltern in der Lüneburger Heide, seine neun Jahre ältere Schwester Janine hat den Hof verlassen und ist nach Frankfurt gezogen, auch seine ehemaligen Schulfreunde kommen nur noch am Wochenende nach Hause. Dass Jannes beruflich in die Fußstapfen seiner Eltern tritt, ist für ihn selbstverständlich. Den mittlerweile in die Jahre gekommenen Hof mitsamt der Schafherde am Leben zu erhalten, stellt die Familie jedoch vor gewaltige finanzielle Herausforderungen, zumal Jannes' Vater an einer unspezifischen neurologischen Erkrankung leidet. Jannes Opa kann der neuen, sich transformierenden Landwirtschaft wenig abgewinnen, seine demente Oma lebt mittlerweile in einem nahegelegenen Seniorenheim, da Jannes' Mutter die Betreuung ihrer Mutter neben dem ganzen Papierkram, Förderanträgen, Subventionen, Schulden und Steuern über den Kopf wächst. Da kommt das Angebot eines Fernsehsenders, eine Reportage über die Heidelandschaft und deren Bewohner zwischen Celle und Uelzen zu drehen, der Familie gerade recht. Widerwillig stimmt sie dem Angebot zu, erhofft sie sich doch, dass dadurch Touristen angelockt werden. Doch anstatt der Idylle, die die Reportage vermitteln will, erinnert die Heidelandschaft atmosphärisch eher an Annette von Droste Hülshoff „Der Knabe im Moor“. Während die Geräusche der Schafe im Stall Jannes beruhigen, hat die Ödnis, in die Jannes tagsüber die Schafe treibt, etwas Düsteres und Mystisches. Geschürt wird diese Stimmung nicht nur durch das ferne Krachen der Panzermunition des nahegelegenen Waffenherstellers Rheinmetall, der tagsüber auf dem Fabrikgelände Panzermunition testet, sondern auch von den Schatten der Vergangenheit des nahe gelegenen Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Diese vermischen sich während der langen Stunden, die Jannes allein mit den Schafen in der Heide verbringt, mit den Schatten seiner eigenen Vergangenheit, die sich ihm in der Gestalt einer verwahrlosten Streunerin zeigen. Diese meint er immer wieder am Waldrand zu erkennen. Hinzu kommt, dass die Gegend in jüngster Zeit von einem angesiedelten Wolf heimgesucht wird, der Angst und Schrecken unter den Schäfern auslöst. Immer wieder werden Schafe gerissen, ohne dass man dem Tier habhaft wird. Aber nicht nur der Wolf geistert durch die Heidelandschaft, sondern die Landschaft zieht auch neue Bewohner an, die sich in den Gemeinden niederlassen und völkisches Brauchtum pflegen.