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Janet Frame: Ein Engel an meiner Tafel. Eine Autobiographie

Besprechung

Janet Frame hat 1984 im Alter von 60 Jahren ihre Autobiographie geschrieben, 1993 erschien die deutsche Übersetzung von Lilian Faschinger, die für diese Neuausgabe zur Frankfurter Buchmesse 2012 mit dem Themenschwerpunkt Neuseeland von ihr überarbeitet wurde.

Janet Frame schildert ihre jungen Erwachsenenjahre von 1943 bis 1956. Sie verließ das Elternhaus, studierte und machte eine Ausbildung als Lehrerin. Als Kind eines Eisenbahners lebte sie in sehr eingeschränkten Verhältnissen, meist in Zimmern bei Verwandten, später in Hotels, wo sie als Zimmermädchen arbeitete. Immer war es ihr wichtig unauffällig zu sein, niemandem zur Last zu fallen. Stoisch erträgt sie es, dass sie immer wieder wegen ihres roten Kraushaars angesprochen wird, wehrt sich aber standhaft gegen eine Glättung. Ihre schlechten Zähne versteckt sie hinter einem geschlossenen Mund. Als sie zum Abschluss ihrer Ausbildung ein Inspektor im Unterricht besucht, entschuldigt sie sich höflich und verschwindet für immer aus der Schule. Sie beginnt regelmäßige Gespräche mit einem ihrer Hochschullehrer, eine Art Psychotherapie. Als dieser das Land verlässt, empfiehlt er ihr eine Kollegin, die eine Schizophrenie diagnostiziert und ihr empfiehlt, in die Sunnyside-Klinik, eine Nervenheilanstalt, zu gehen und sich mit Elektroschocks behandeln zu lassen. Acht Jahre lang kehrt Janet immer wieder in diverse Anstalten zurück, oft auf eigenes Betreiben und im Glauben an die Diagnose, die von den Ärzten ungeprüft übernommen wird. Sie verliert zwei Schwestern durch Ertrinken. Der einzige Bruder hat Epilepsie. Die dritte Schwester heiratet und zieht nach Auckland. Nach Aufenthalten in diversen Kliniken und mehreren Jobs als Kellnerin oder Zimmermädchen, die der jungen Frau Zeit lassen, zu schreiben und einige Texte zur Veröffentlichung zu bringen, nimmt sich Mr Sargeson, ein homosexueller Schriftsteller ihrer an. Sie kann in einer Baracke auf seinem Grundstück wohnen und schreiben. Er zeigt offene Verachtung für Janet als Frau, aber er ist es, der ihr ein Stipendium für einen Auslandsaufenthalt verschafft, wodurch das Buch mit dem Beginn der Schiffsreise Janet Frames nach Europa endet.

Der sachliche Stil und die lakonische Beschreibung der Umstände wirken auf den Leser nachhaltig. Fast beiläufig erfährt man, dass nur durch einen glücklichen Zufall die Durchführung einer Lobotomie verhindert wurde, einer damals oft praktizierten Operation, welche die Patienten zwar ruhigstellte, aber zu Persönlichkeitsveränderungen und Denkstörungen führte. Ab diesem Zeitpunkt findet man, was zuvor nur ab und zu in einem Klammertext zu finden war: kritische Sätze, die auf die gehorsame, passive Rolle hinweisen, die Frame meinte spielen zu müssen. Gleichzeitig beginnt sie ihre Zukunft in die Hand zu nehmen.

Didaktische Hinweise

Alle hier rezensierten Werke von Janet Frame

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • Biografien, Autobiografien, Porträts
  • Literatur, Lesen, Sprache

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 11 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)

Erscheinungsjahr

2012

ISBN

9783406639555

Umfang

208 Seiten

Medien

  • Buch