Arthur Schnitzler: Sterben

Besprechung

Das gesellschaftliche Umfeld in Wien der Jahrhundertwende wird nahezu völlig ausgeklammert, im Zentrum steht die Beziehung eines Liebespaares. Man erfährt kaum Fakten über Felix und Marie, er ist möglicherweise Dichter, und beide leben zusammen in offenbar gesicherten finanziellen Verhältnissen. Hin und her gerissen zwischen Hoffnung und der Gewissheit des nahenden Todes reisen die beiden zunächst ins Gebirge, dann nach Salzburg und zuletzt in den Süden. Trotz ihrer Liebe entfernen sie sich immer mehr voneinander. Nach anfänglichem Entsetzen über die tödliche Krankheit und dem Wunsch, mit dem Geliebten zu sterben, erwacht in Marie allmählich wieder Lebenslust. Sie empfindet das Mitleid mit Felix als Belastung, leidet deshalb gleichzeitig aber auch unter Schuldgefühlen. Deutlich zeigt sich hier der Widerspruch zwischen den eigentlichen Wünschen und dem durch Konvention vorgeschriebenen Handeln, dem sich Marie fraglos unterwirft. Für den kranken Felix bedeuten Maries Jugend und Gesundheit eine ständige Herausforderung, er klammert sich an sie und will sie mit in den Tod nehmen. Am Ende reizt ihn Maries Mitleid und ihre Fürsorglichkeit ebenso wie ihre Heiterkeit. Sein Egoismus steigert sich zu einem krankhaften Misstrauen; ihre endlich ausgesprochene Weigerung, mit ihm zu sterben, führt letztlich seinen Tod herbei.