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J. M. M. Nuanez: Birdie und ich

Besprechung

Jeder Mensch ist eine Insel für sich. Aber wenn Menschen sich zusammenfinden, kann eine Verwandlung von einzelnen Inseln in einen Archipel geschehen, so lautet eine Überlegung in dem Jugendroman. Und vielleicht ist es das, was einen „Wolfstag” ausmacht. Wolfstage sind eine Erfindung von Birdies und Jacks Mutter und stehen für ganz besonders erlebnisreiche, abenteuerliche Familientage. Doch die alleinerziehende Mutter des neunjährigen Birdie und seiner zwölfjährigen Schwester Jack ist verstorben. Und so werden sie von deren Bruder Carl aufgenommen. Carl aber scheint seiner neuen Verantwortung nicht gerecht werden zu können. Zumindest meint dies die Lehrerin des Jungen. Denn Birdies Fehltage in der Schule haben sich summiert. Zudem fällt Birdie durch seinen ungewöhnlich bunten, etwas mädchenhaft wirkenden Kleidungsstil überall sofort auf, auch dies sieht die Lehrerin als etwas, was man ändern müsse, damit Birdie von den neuen Mitschülerinnen und Mitschülern angenommen wird. Und so kommen die beiden Geschwister nach wenigen Monaten zu Patrick, einem weiteren Bruder der verstorbenen Mutter. Aber mit dem schweigsamen Patrick werden die Kinder nicht warm. Patrick versucht mit aller Kraft, aus Birdie einen „normalen” Jungen zu machen, und kauft ihm neue, unauffällige Kleidung. Doch auch dies verhindert nicht, dass der sensible, zurückhaltende Birdie in der Schule weiterhin geärgert und ausgelacht, ja sogar in eine Prügelei verwickelt wird. Jack, die sich für den kleinen Bruder verantwortlich fühlt, läuft Gefahr, sich selbst aus dem Blick zu verlieren. Es braucht einige Anläufe der Kinder und der beiden Onkel, bis aus den einzelnen Inseln ein Archipel zusammenwächst und das neue Dach über dem Kopf für die beiden Geschwister zu einem neuen Zuhause wird.

Didaktische Hinweise

Als der neunjährige Birdie gefragt wird, ob er schwul sei, kann dieser die Frage nicht beantworten Der aus dem Englischen übersetzte Kinder- und Jugendroman „Birdie und ich” von J. M. M. Nuanez thematisiert auf sensible Weise die Situation von Kindern, die nicht in ein enges Genderraster passen. Birdie weiß nicht, ob er schwul ist, aber er liebt glitzernde bunte Kleidung. Reicht das schon, um als schwul zu gelten? Seine Schwester Jack findet es nicht schlimm, dass Birdie die Frage nicht beantworten kann. Sie tröstet den Bruder und meint, dass er einfach Birdie sei und so, wie er sei, auch genau richtig sei. Die Geschichte eignet sich, um mit Kindern der 6. und eventuell auch der 7. Jahrgangsstufe darüber nachzudenken, an welche gesellschaftlichen Mauern Menschen stoßen, die nicht dem „normalen” Bild entsprechen. Daneben bildet das Herausgerissensein der Kinder aus ihrem familiären Umfeld durch den plötzlichen Tod der Mutter einen weiteren Themenschwerpunkt. Neue Freunde zu finden, aber vor allem auch ein neues Zuhause mit neuen Bezugspersonen zu haben und dies auch anerkennen zu können, fällt nicht nur Birdie und Jack schwer. Es ist eine Problematik, mit der sich viele Kinder, beispielsweise aufgrund von Scheidung und neuer Partnerfindung der Eltern, heute identifizieren können.

Der Jugendroma scheint schon aufgrund seines Umfangs von knapp 280 Seiten nicht als Schullektüre für eine 5. Jahrgangsstufe geeignet zu sein, auch wenn der neunjährige Birdie Fünftklässlern von der Altersgruppe her nahestehen würde. Das Buch ist deshalb eher für Schülerinnen und Schüler der 6. oder 7. Jahrgangsstufe zu empfehlen, die zum einen schon mehr Leseroutine besitzen und auch von ihrer Entwicklung her mit einer Genderthematik verantwortungsbewusst konfrontiert werden können. Beim Lesen des Buches kann vor allem aber auch die Rolle der großen Schwester als Fokus dienen. Ausgangspunkt für aufarbeitende Unterrichtsgespräche können dabei jeweils die Aufzeichnungen Jacks sein, die sie in ihrem speziellen Notizbuch niederschreibt. Die sensiblen Beobachtungen der Jugendlichen an den Kapitelenden, ihr analytischer Blick auf die Personen in ihrem Umfeld sowie ihr Umfeld selbst, lassen die Leserinnen und Leser an Jacks Gedanken- und Gefühlswelt teilhaben und regen zum Nachdenken an. Jack ist es, die das Bild der Inseln, die nach und nach zu einem Archipel zusammenfinden, geprägt hat.

Gattung

  • Romane

Zielgruppe

Jugendliche

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 6 bis 7

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

FÜZ

  • Familien- und Sexualerziehung
  • Werteerziehung
  • Alltagskompetenz und Lebensökonomie

Erscheinungsjahr

2022

ISBN

9783423640954

Umfang

279 Seiten

Medien

  • Buch