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Adrain Tomine: Eindringlinge

Besprechung

Der Band enthält sechs Erzählungen, jede von ihnen hätte auch eine Graphic Novel werden können. Die Geschichte sind unterschiedlich gezeichnet: Von zarten, klaren schwarzen und grauen Linien bis zu Bildern in bunten, gedeckten Farben gibt es mehrere Abstufungen, manchmal wechselt der Stil innerhalb einer Erzählung. Die Titelgeschichte schließt den Band ab. Wie die anderen handelt sie von einem Antihelden, einem Menschen an einem Punkt in seinem Leben, an dem sich alles ändert und nicht unbedingt zum Guten. Durch Zufall bekommt ein Mann - er ist der Ich-Erzähler, sodass er namenlos bleibt - der von seiner Frau verlassen wurde und in einer Absteige gelandet ist, den Schlüssel seiner ehemaligen Wohnung zurück. Über die Vergangenheit des Mannes erfährt man nebenbei nur Bruchstücke. Er beginnt die Wohnung auszuspähen, verschafft sich mehrfach Zutritt, zieht Rückschlüsse auf den abwesenden Bewohner und hinterläßt halb unfreiwillig Spuren. Einmal klingelt ein junger Mann und als ihm nicht geöffnet wird, versucht er durch ein Fenster herein zu kommen. Der Ich-Erzähler schlägt den jungen Mann halbtot und wirft ihn aus der Wohnung. Als er das nächste Mal in die Wohnung kommt, bemerkt er zu spät, dass die Bewohnerin – es handelt sich nicht um einen Mann seines Alters, wie er sich vorgestellt hatte, sondern eine alte Dame – von einer Reise zurück gekommen ist. Es kommt zur Begegnung, die alte Dame schreit und schlägt um sich. Sie wehrt sich wohl gegen den Mann. Das letzte Bild in der Wohnung zeigt ihn, wie er das Mobiltelefon der Frau wegwirft und die Wohnung verlässt. Er wirft den Schlüssel in einen Gully und verschwindet in der Menge. Der „Held“ der ersten Geschichte hat eine für ihn bahnbrechend erscheinende Idee: Er fertigt Hortiskulpturen, Figuren, durch die Pflanzen wachsen. Am Ende muss er sich eingestehen, dass er kein Talent hat und seine Kunst nichts taugt. Immerhin hat er eine Frau, die zu ihm hält, obwohl sie schwanger ist und ihr Mann sein ganzes Geld für seine Kunst ausgibt, und schließlich gelingt es ihm, seine Skulpturen zu zerstören und es als Akt der Selbstbefreiung zu hinzustellen. Die weibliche Hauptfigur der in den buntesten Farben gehaltenen Erzählung entdeckt durch auffällige Verhaltensweisen ihrer Kommilitonen, dass sie einem Pornostar namens Amber Sweet zum Verwechseln ähnlich sieht. Das Internet hat dafür gesorgt, dass kein junger Mann, dem sie begegnet, zweifelt, wer sie ist. Schließlich ändert sie ihr Aussehen komplett, um in Ruhe weiter studieren zu können. Durch Zufall begegnet sie ihrer Doppelgängerin und bei einem langen Gespräch wird ihr klar, dass sie keinen Groll gegen sie hegen kann. Am Ende erzählt sie einem neuen Bekannten die Geschichte, damit er nicht doch von Amber Sweet erfährt, aber letztendlich weiß sie auch am Schluss nicht, ob ihr geglaubt wird. Der Autor und Zeichner geht mit seinen Figuren behutsam um, gerade weil sie Verlierer sind. Er lässt ihre Verschrobenheiten im Hintergrund erscheinen und erahnen, warum sie so geworden sind.

Didaktische Hinweise

Der bekannte Autor lebt in Brooklyn und zeichnet Covers für den New Yorker und Paris Review. Der Titel des Bandes heißt im Original „Killing and Dying“. Ironie und genaue Beobachtung der Menschen legen eine Beschreibung der Charaktere nahe. Oft liegt in einem Bildchen eine ganze Welt von Emotionen und Verletzungen: so wie in der Titelgeschichte des amerikanischen Originals, als das Mädchen, das eine Karriere als Komikerin anstrebt, ihrem verwitweten Vater seine restlichen Haare über die Glatze legt. Während der Geschichte stirbt die Mutter – ihre Krebserkrankung wird nie ausgesprochen, da es im Text um Witzemachen vor Publikum geht, aber in den Bildern erschreckend auffällig. Am Ende ist eine weiße Stelle. Der Leser begreift erst danach die Abwesenheit einer Person. Es gibt eine Fülle von Bildern, die als Schreibanlässe dienen können. Die Rolle des Lesers, der in allen Geschichten etwas zu sehen glaubt, was er am Ende revidieren muss, soll verstanden werden.

Gattung

  • Comics, Comic-Romane, Graphic Novels

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Englisch
  • Kunst

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783956400711

Umfang

121 Seiten

Medien

  • Buch