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Barbara Kindermann; Friedrich Schiller: Wilhelm Tell

Besprechung

Der Text des Buches gibt die Handlung in den wesentlichen Zügen wieder. Die Zitate sind kursiv gedruckt, teilweise aber nicht sehr aussagekräftig. Die ins Volksgut übergegangenen Teile des Tellstoffes sind sehr gerafft und teilweise etwas vereinfacht wiedergegeben. Vor allem zum Ende hin ist die Handlung sehr stark verkürzt, trotzdem wird nicht die „Abenteurgeschichte“ daraus, die der Klappentext verspricht. Tell ist kein Abenteurer, sondern ein Kämpfer gegen Willkür, der auch bei der Festnahme die Hand am Schwert seines Gegners hat. Der Text ist klar, allerdings nicht frei von Ausdrucksfehlern. Es kann bei der etwas eigenwilligen Gewichtung nicht von einer Nacherzählung gesprochen werden, sondern es handelt sich, wie auch angekündigt, um eine neue Erzählung, die den Stoff Jugendlichen nahe bringen kann und zum Vergleich mit dem Drama herausfordert, wozu auch die Illustrationen einen hohen Anteil haben. Schon das Titelbild spricht junge Leserinnen und Leser sehr an. Es zeigt in einer ungewöhnlichen Perspektive Tells Sohn Walter inmitten einer schroffen Hochgebirgslandschaft mit dem durchschossenen Apfel auf dem Kopf. Durch die schräge Aufsicht und die Farbgestaltung sticht der Apfel stark hervor. Den Betrachter schaut das Kind mit sehr großen Augen triumphierend an und verweist so bereits auf den bekanntesten Höhepunkt der Handlung, den Apfelschuss, dem der Knabe ohne Sorge entgegengeschaut hat, weil er die hohe Schießkunst des Vaters kennt und, anders als sein Großvater Walter Fürst, darauf vertraut hat. Diese Szene wird auch in der Nacherzählung in den einzelnen die Spannung steigernden Schritten genau wiedergegeben. Die Aufbruchsstimmung, die aus Schillers Drama spricht, ist im Titelbild mit der herausfordernd blickenden Kindergestalt ebenso eingefangen, wie in der Darstellung der freudigen Reaktion auf den gelungenen Apfelschuss oder in dem Bild der aufleuchtenden Fackeln auf dem Rütli. Die Mehrzahl der Bilder zeigt im Kontrast zu den weiten Landschaftsräumen oder dem nur angedeuteten hellen Innenraum in Tells Haus die Enge der mittelalterlichen Städte, die der Hohlen Gasse und die Bedrohlichkeit der Zwingburgen. Ensikat arbeitet sehr stark mit der Atmosphäre der Schauplätze und setzt der Freiheit der Berge die Enge der Plätze entgegen, die von den fremden Herren mit ihrem Tross von rohen Soldaten eingenommen werden - im wahrsten Sinn den Wortes. Die Illustrationen zitieren mittelalterliche Kupferstiche mit der Darstellung grober Landsknechtshaufen oder Prunkumzüge, aber sie fügen beunruhigende, zumindest interessante Verzerrungen in der Perspektive hinzu, die eine Deutung provozieren. Die Köpfe der Machthaber sind unverhältnismäßig groß, teilweise sogar der ganze Körper Geßlers im Vergleich zur winzigen Gestalt Tells beim ersten Zusammentreffen. Damit wird auf die Darstellungsweise z. B. von großen Heiligenfiguren und kleinen Stifterfiguren in der mittelalterlichen Kunst angespielt. Was Jugendliche besonders anspricht, das ist das Rätselhafte der Bilder, die darin enthaltene Aufforderung zum Suchen nach Detailzusammenhängen in den komplexen, kolorierten Radierungen. Diese zitieren auch Comics durch die Einblendung von vergrößerten Ausschnitten. Das Bild der Frau, wie es Ensikat zeichnet, ist das einer etwas dümmlichen, rosig-glatten Begleiterin des Mannes - Schillers Frauenideal wird hier aus moderner Sicht eher ins Lächerliche gezogen, was diskussionswürdig erscheint.

Didaktische Hinweise

Mit Einschränkungen für die Anschaffung in der Schulbibliothek empfohlen!

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher
  • Lyrik
  • Dramen

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 6 bis 7

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2004

ISBN

9783934029183

Umfang

34 Seiten

Medien

  • Buch
  • Hörbuch