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Elisabeth Escher: Hannas schlafende Hunde

Besprechung

Im Zentrum des Geschehens steht Hanna, die nach und nach von ihrer blinden Großmutter Juliane erfährt, dass sie, ihre Mutter Katharina und deren Schwester Lisbeth Juden sind. Nur weil die Großmutter nach dem Tod ihres ersten Mannes einen brutalen „Arier“ geheiratet hat, der sie und ihre Tochter mit seinem deutschen Namen vor der Deportation schützt, überleben die Frauen die nationalsozialistische Diktatur. Hannas streng katholischer und bigotter Vater will davon nichts wissen, Katharina will im immer noch von ehemaligen Nationalsozialisten bevölkerten Österreich der sechziger Jahre vor allem eins - nicht auffallen. Lisbeth leidet unter ihrem gewalttätigen Ehemann, der sie und ihren Sohn Willi, Hannas besten Freund, auf geradezu unmenschliche Art quält. Der Leser erfährt, dass Willi diese grauenvolle Kindheit nicht unbeschadet überstehen wird, er wird heroinabhängig werden.

In den fünfundzwanzig kurzen Kapiteln des Romanes werden ausschnittartig nicht nur Hannas überwiegend düstere Kindheitserlebnisse erzählt, auch ihre Zukunft als Lehrerin wird erwähnt. In Rückblenden werden entscheidende Momente aus dem Leben ihrer Mutter und ihrer Großmutter beschrieben. So setzt sich eine Lehrerin für die kluge Katharina und ihre ältere Schwester Lisbeth ein und lässt sie auf der Gewerbeschule für angehende Modeschneiderinnen und Berufsschullehrerinnen weiter lernen, obwohl beide keinen Ariernachweis vorlegen können. Als Katharina als Jahrgangsbeste die Schule abschließt, stehen sie und ihre Familie jedoch wieder vor dem Nichts, schließlich kann sie sich ohne Abstammungsnachweis nirgendwo bewerben. Wieder hilft die Lehrerin. Katharina kommt bei einer Bank unter, deren Direktor ihr Geheimnis kennt. Seinen Schutz lässt er sich allerdings von Katharina bezahlen, sie muss ihm sexuell zur Verfügung stehen. Hannas schlafende Hunde sind all diese verdrängten, nicht erzählten Geschichten, die sie doch nach und nach von ihrer blinden Großmutter erfährt. Die Großmutter gibt Hanna Halt in dieser von den Schatten der Vergangenheit durchsetzten Welt und wird von Hanna als farbenfroh beschrieben, bildhaft die Natur, die sie nicht mehr sehen kann. Denn auch die Ursache für die Blindheit der Großmutter liegt in der Vergangenheit. Der Blockwart Leitinger, der Juliane und ihre Tochter während des Krieges auch bei schwerem Bombardement nicht in den Luftschutzkeller gelassen hat, verweigert ihr auch einen Arzt, der ihre Augenkrankheit hätte heilen können. Leitinger wohnt immer noch gegenüber und vergreift sich eines Abends im Keller an Hanna. Die Täter kommen ungeschoren davon und treiben weiter ihr Unwesen.

Didaktische Hinweise

Der in erster Auflage bereits 2010 erschienene Romane wurde unter der Regie von Andreas Gruber und mit Hannelore Elsner in der Rolle der Großmutter verfilmt. Der Film kam am 9. Juni 2016 in die Kinos und setzt die assoziative Struktur des Romanes in eine eher geradlinige Handlung um. Hanna leidet im Film nicht nur passiv an den Umständen ihrer Kindheit, sondern setzt sich direkter als im Romane gegen die immer noch die gesellschaftlichen Regeln bestimmenden Nationalsozialisten zur Wehr. Ein fächerübergreifendes Projekt, bei dem Buch und Film gemeinsam besprochen werden, bietet sich für den Unterricht geradezu an. In den Geschichtsstunden könnten die Verfolgung der Juden und die mangelhafte Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus nach dem Krieg anhand des Romanes aufgezeigt werden. Im Deutschunterricht stünde ein Vergleich zwischen Literatur und ihrer Verfilmung im Mittelpunkt und man könnte sich dabei mit filmischen Gestaltungsmitteln beschäftigen. Die Website von Elisabeth Escher hält Informationen zum Romane und zum Film sowie eine Leseprobe der Autorin bereit.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783902606433

Umfang

144 Seiten

Medien

  • Buch