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Rainer Vollath: Zwei Lieben

Besprechung

Das Leben eines Homosexuellen wird in zwei deutschen Epochen parallel beleuchtet: Fritz als junger Mann in den Jahren nach der Machtergreifung Hitlers und als 60-Jähriger im Jahre 1969. Die Kapitel wechseln zwischen diesen Jahren ab, sind jedoch (bis auf einige Träume oder Erinnerungen) in sich chronologisch aufgebaut. Deutschland nach 1933. Fritz, Anfang zwanzig, steht unter Beobachtung der Gestapo, da er in einer verrufenen Kneipe namens „Zicke“ verkehrt, die auch unter Homosexuellen sehr beliebt ist. Im Jahre 1938 fällt er im Berliner Tiergarten auf einen Lockvogel der Nazis herein und outet sich, woraufhin die Gestapo ihn verhaftet und ins KZ nach Sachsenhausen und später nach Flossenbürg bringt. Die Jahre im so genannten rosa Block im KZ werden zu einem Überlebenskampf, der präzise und schonungslos geschildert wird. Nur seine Liebe zu dem Polen Jan hilft Fritz, dies zu überstehen. Mit viel Glück überleben beide und kommen frei. Jan gründet in Polen eine Familie, Fritz erlebt das Aufkeimen der Schwulenbewegung in der Berliner Nachkriegszeit. Im parallel beschriebenen Jahr 1969 führt Jan zuerst ein Doppelleben, weil er Angst vor Repressalien hat. Als er aber erfährt, dass der Paragraph 175 entschärft wird („Homosexuelle Handlungen zwischen Personen über einundzwanzig werden zukünftig nicht mehr unter Strafe gestellt.“), beginnt Fritz seine Einsamkeit zu überwinden und seine Gefühle auszuleben. Er lernt auch mit seinen Minderwertigkeitskomplexen und Gewissenskonflikten umzugehen. Im neu gegründeten Club ZHM lernt er schwule Männer kennen – und verliebt sich in Will. Mit ihm führt Fritz endlich, im Alter von 60 Jahren, ein gemeinsames Leben, ohne Angst vor Entdeckung. Er versucht sogar, eine Entschädigung für die im KZ erlittenen Qualen zu erhalten. Rainer Vollaths Sprache ist schnörkellos und unprätentiös. Das Innenleben von Fritz wird nur selten genauer beschrieben. Stattdessen erfährt man viele historische Details, die sich wie Mosaiksteinchen zu einem authentischen Gesamtbild zusammensetzen lassen.

Didaktische Hinweise

Eine lesenswerte Rezension zu „Zwei Lieben“ hat „radiosub – das schwul/lesbische Radiomagazin aus Frankfurt/Main“ veröffentlicht. Ein bemerkenswertes Interview mit dem Autor Rainer Vollath ist auf der Seite Siegessäule zu finden. Für die Schulbibliothek sowie für Referate in den Fächern Deutsch und vor allem Geschichte gut geeignet: Interessierte Leser können einiges über das 20. Jahrhundert lernen, was in Geschichtsbüchern meist ausgeblendet wird. Falls das Thema „Homosexualität“ im Unterricht als Projekt behandelt wird, sollten auch das (auch als Film adaptierte) Theaterstück „Bent“ von Martin Sherman und der Dokumentarfilm „Paragraph 175“ von Robert Epstein und Jeffrey Friedman mit einbezogen werden. Zum Kampf für die Rechte der Homosexuellen Anfang der 70er-Jahre bietet sich auch der Blick in die USA an, v. a. der Dokumentarfilm „The Times of Harvey Milk“ (ebenfalls Robert Epstein, 1984) und der Spielfilm „Milk“ (Gus van Sant) aus dem Jahr 2008.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte
  • Zusätzliche Fächer (Fachunterricht)

FÜZ

  • Kulturelle Bildung
  • Familien- und Sexualerziehung

Erscheinungsjahr

2010

ISBN

9783896561756

Umfang

207 Seiten

Medien

  • Buch