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Fabrizio Gatti: Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa

Besprechung

Zum Zeichen, dass es sich nicht um journalistische Sensationsgier handelt, begleitet diesen aufregenden und kritischen Reisebericht eine zart angedeutete Liebesgeschichte: „Sie“ ist besorgt zu Hause geblieben und wartet unruhig oft wochenlang auf Nachrichten. Als sie ihrem zurückgekehrten Mann glücklich erzählt, dass sie schwanger ist, hat er bereits das nächste Abenteuer geplant: er will schwimmend als Flüchtling Bilal auf Lampedusa landen und sich in das berüchtigte Lager einsperren lassen, das bei Besuchen von Menschenrechtskommissionen oder Journalisten immer wie ein Potemkinsches Dorf hergerichtet wird. Er will wissen, wie es dort wirklich zugeht, so wie er wissen wollte, wie man als Illegaler mit Hilfe ausbeuterischer Schlepper von Dakar nach Tunis kommt, durch fünf afrikanische Länder und die Sahara. Sein Rucksack mit einer Karte, auf der von Hand die überlebenswichtigen Brunnen eingezeichnet sind, und ein Teil seiner Photoausrüstung werden ihm am Anfang der Reise gestohlen und schon im Flugzeug nach Dakar begegnet er dem Flüchtlingsschicksal in Gestalt eines Afrikaners, der abgeschoben werden soll und seine Verzweiflung hinausschreit. Nach einem Abkommen zwischen Libyen und Italien werden die Flüchtlinge, die es bis Italien schaffen, in den angeblich sicheren Drittstaat Libyen geschickt und von dort in ihre Ursprungsländer. Gatti beginnt seinen Weg, der ihn durch Sandstürme, Krankheit, eine Geiselnahme und immer wieder durch alle Formen von Gewalt, der man nur durch Geld entgeht, führt. Er lernt viele Menschen, ihre Geschichten und die Motive ihrer Flucht kennen. An der libyschen Grenze endet die erste Reise, man lässt keine Weißen ins Land. Dann Lampedusa: dort erfährt Gatti alias Bilal Demütigungen und Erniedrigungen, wie man sie ungefähr aus Abu Ghraib kennt. Wer nicht in der Wüste verdurstet oder im Mittelmeer ertrunken ist, wird aus dem Lager gleich abgeschoben oder wie der Großteil der Flüchtlinge mit der Auflage, das Land zu verlassen, aufs Festland geschickt: als billige, weil illegale Arbeitskräfte. Am Schluss folgt noch die Geschichte von Joseph und James, die eine offizielle Einladung nach Slowenien und Flugtickets haben, aber in libyschen Lagern landen und gefoltert werden. Schwer gezeichnet kehren sie schließlich zu ihren Familien nach Ghana zurück. Das erfährt Gatti aus Mails.

Didaktische Hinweise

Das Thema „Menschenrechte" spielt in Ethik in allen Jahrgangsstufen eine Rolle. Auch aus geographischer und historischer Sicht ist die sogenannte Sklavenroute zu betrachten. Das Thema eignet sich für fächerübergreifende Projekte. Als zusätzliches Material sind zum Beispiel das Interview mit Fabrizio Gatti aus der ZEIT vom 11.03.2010 oder der Film „Welcome“ und das Buch „Nichts, was uns schützt“ von Olivier Adam heranzuziehen. Siehe auch „Bücher Spezial“ zum selben Thema.

Gattung

  • Sachbücher

Sachbuchkategorie

  • andere Länder & Kulturen, Reisen, Abenteuer
  • Politik, Gesellschaft

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 8 bis 12

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2009

ISBN

9783888975875

Umfang

475 Seiten

Medien

  • E-Book