mobile Navigation Icon

Tomer Gardi: Broken German

Besprechung

Beim Roman mit dem Titel „Broken German“, den der israelische Autor Tomer Gardi bei der Verleihung des Bachmann-Preises in Klagenfurt im Jahr 2016 vorgetragen hat, handelt es sich um einen höchst experimentellen Text. Der Autor wechselt beim Schreiben nicht nur öfters die Erzähl-Chronologie, sondern auch die Identität des Erzählers: Mal tritt er als flunkernder Nachtschwärmer Radili Anuan auf, der in einer linken Berliner WG landet und unfreiwillig zum Hauptdarsteller einer Antifa-Doku wird, mal als israelischer Schriftsteller ohne Namen, der mit seiner Mutter nach Berlin reist. Das Bild, wie sich Mutter und Sohn in einem Berliner Hotelzimmer fremde Kleider anziehen, die sie zwei Koffern entnehmen, die sie wiederum vom Flughafen anstatt des eigenen Gepäcks mitgenommen haben, steht stellvertretend für den Grundgedanken des Romanes: In vielen locker aneinandergereihten Szenen wird immer wieder gezeigt, wie die eigene Identität in der Fremde verloren geht. Diese Frage ist aber wiederum nicht nur für Radili elementar, sondern wird auch vom Autor selbst in einzelnen Szenen kommentiert und reflektiert. Eine besonders eindrückliche Szene stellt hierbei der Besuch des jüdischen Museums in Berlin dar. Hier fragt sich der Autor, ob ein Jude, der das Jüdische Museum besucht, automatisch zu einem Teil der Ausstellung wird. Führen also das Erinnern und Musealisieren des Holocausts zwangsläufig dazu, dass Juden in Deutschland paradoxerweise immer wie Ausstellungsstücke behandelt werden? Neben den eingeschobenen Selbstreflexionen des Autors ist es aber besonders die Sprache, die Tomer Gardis Romane auszeichnet und die diesem den Titel gegeben hat. Bei „Broken German“ handelt es sich nicht um die sprachliche Unzulänglichkeit des Autors, sondern er benutzt diese Art zu kommunizieren als eine Art Kunstsprache, die ganz bewusst mit der Sprache des Bildungsbürgertums bricht. Der Roman zeichnet sich durch eine kaputte Grammatik und die Tatsache aus, dass der Autor die Worte nach dem Gehör oder nach gehörter Logik schreibt: „Wie es aber oft in geschichten ist, ein Messer der im ersten Akt an Wand hängt, dann verschwindet, wird im dritten Akt wieder irgendwo auftauchen. Ein literarische trick und regel. Der Author steckt im Geschichte eine kleine, alltägliche, unauffälige detail. Im ersten Blick können es nur die klugste, die aufmerksamste, die meist gebildene und erfahrene Lesern entdeken. Die anderen, die ja die fast absolute Mehrheit sind, geht es völlig vorbei.“ (S. 7 f.)

Didaktische Hinweise

Tomer Gardis Roman eignet sich insofern sehr gut für den Unterricht in der Oberstufe, als dass das Thema Sprache und Sprachbetrachtung Teil des Lehrplans im Fach Deutsch ist. Ein Auszug aus dem Roman sowie die im Roman befindlichen Reflexionen des Autors über Sprache regen auf jeden Fall zur Diskussion an. Ein Vergleich mit „Kanak“-Deutsch liegt auf der Hand.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783854209799

Umfang

144 Seiten

Medien

  • Buch