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Benoît Duteurtre: Vorzimmer zum Paradies

Besprechung

Es gibt zwei Geschichten in diesem Roman. Einmal die eines gerade Gestorbenen, der zu seiner Verwunderung feststellt, dass es im Jenseits noch bürokratischer zugeht als zuvor. Er versucht, sich für den Himmel zu bewerben, und als er durchfällt, wird ihm noch rechtzeitig klar, dass er viel lieber in die Hölle wollte – da ist es nämlich wie in den Zeiten vor den digitalen Medien. Die andere Geschichte ist die von Simon, Beamter im Ministerium und Leiter der Kommission für öffentliche Freiheit. Er ist ein relativ treuer Ehemann, hat einen Sohn und schaut ab und zu Pornos mit russischen Frauen im Netz. Als sein Mailprogramm verrückt spielt und längst gelöschte Daten wieder ans Licht geraten, ist seine erste Sorge, dass seine Pornoguckerei auffliegt. Aber es ist ein ganz anderer, harmloserer Faux-Pas, der ihn in einen Shitstorm geraten lässt. Bei der Vorbesprechung zu einem Interview macht er eine flapsige Bemerkung über Frauen und Schwule, denen ja wohl gerade alle Aufmerksamkeit gelte. Dabei wird er gefilmt und der Film ins Netz gestellt. Simon wird von seinem Chef nicht unterstützt und es wird ihm Rücktritt nahegelegt, wogegen er sich lange währt. Ganz am Schluss, er trägt sich mit Selbstmordgedanken, will er seinen geschätzten Voltaire-Band „Candide“ aus dem Regal nehmen, stürzt und kommt ums Leben. Es ist nicht überraschend, dass die Protagonisten beider Handlungsstränge identisch sind. Es ist eine oft übertriebene Geschichte, ein satirischer Roman in der Tradition von Voltaire, auch ein Gesellschaftsroman, daher wird Duteurtre in die Nähe Houellebecqs gestellt. Die Bedrohung durch die Omnipräsenz des Internet wird im Grunde realistisch geschildert. Duteurtre hat schon viele Romane veröffentlicht, dies ist der erste, der ins Deutsche übersetzt wurde und das ist in gelungener und gut lesbarer Form, Ulrike Werner-Richter sei hierfür bedankt.

Didaktische Hinweise

Für Jugendliche sind die informationstechnischen Details leicht durchschaubar und mit der Realität vergleichbar. Die Anspielung auf Candide kann untersucht werden. Die Kapitelüberschriften nehmen zum Teil Spannung weg. Ist das Absicht? Wenn ja, was steckt dahinter? Das Thema Freiheit und Sicherheit im Internet ist zu diskutieren. Die Gattungsbestimmung zwischen Roman, Märchen und Parabel ist ein weiteres Thema, das im Unterricht besprochen werden sollte.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Französisch

FÜZ

  • Soziales Lernen

Erscheinungsjahr

2015

ISBN

9783847905929

Umfang

221 Seiten

Medien

  • Buch