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Johanna Nilsson: Ich hau erst mal ab

Besprechung

Zwei unzertrennliche Freundinnen, Emilie und Janis, träumen zusammen von einer Zukunft, deren Gipfel die Reise zu einem imaginären grandiosen Lebensziel sein soll, das sie „das Ultimative“ nennen. Die traumselige Freundschaft der Heranwachsenden endet abrupt, als Emilie völlig überraschend in ihrer Schule Amok läuft und sieben Mitschülerinnen und sich selbst erschießt. Dies trifft Janis wie ein Keulenschlag. Sie macht sich Vorwürfe, dass sie davor nichts davon bemerkt hatte und ihre Freundin so nicht vor der Katastrophe retten konnte. Ihren Schuldkomplexen versucht Janis durch die Flucht in eine wiederum erträumte Freiheit zu entfliehen. Von diesem „Bericht über die Freiheit“ handelt das Buch. Janis nimmt das Auto ihres geliebten Bruders und fährt einfach weg; und zwar immer nach Norden, wo sie sich im Anblick des Nordlichts die Befreiung von all ihren Schuldgefühlen und gleichzeitig die Erfahrung des Ultimativen erhofft. Auf ihrer äußerst turbulenten Fahrt wird ihr nach und nach Emilies Daseinsproblematik bewusst – und damit beginnt auch für sie die Aufarbeitung ihrer eigenen Mitschuld. Auf ihrer eskapistischen Fahrt hat sie eine Menge vor allem unangenehmer Erlebnisse in der Einsamkeit des Hohen Nordens. Extremsituationen wie Naturgewalten und menschliche Gemeinheiten bringen sie fast an den Rand ihrer Kräfte und an die Grenze zum Irrsinn. Gesellschaftliche Randexistenzen, auf die sie im Verlauf ihrer Tour zum Nordlicht immer wieder trifft, geben ihr aber auch unerwarteten Trost, Hilfe und Durchhaltekraft. Der entscheidende Wendepunkt in ihrer Fluchtbewegung tritt erst ein, als sie auf den aus einer psychiatrischen Klinik ausgebüchsten Jim trifft, einen Verrückten, den sie zugleich hasst und liebt. Beide fahren sie gemeinsam die letzte Strecke zum Nordlicht-Erlebnis, das allerdings zu ihrer beider Desillusionierung führt: Letztlich bringt Jim sie zu der Einsicht, dass das Ultimative eben nicht da zu finden ist, wo sie es suchte. Am Schluss fährt sie, begleitet von ihrem Bruder, der die Geflüchtete ausfindig gemacht hat, gereifter und mit dem Vorsatz nach Hause auf den Friedhof, wo ihre Intimfreundin Emilie liegt, um mit dieser und mit sich selbst ins Reine zu kommen. Nicht die große Geste also, so könnte man resümierend sagen, ist es, worauf es im Leben ankommt: Das Ultimative liegt vielleicht eher im mühsamen Stück-für-Stück-Abarbeiten von Schuld: „Zuhause wartet alles Mögliche auf mich, was ich noch regeln muss.“ Hier ist das eigentliche, wahre Licht. Eine unerhört handlungs-, aber auch reflexionsreiche Erzählung, lesenswert und hilfreich für die Altersgruppe der Pubertierenden! Die sehr realistisch geschilderten Szenen lassen kein Tabu aus, sind blut- und glutvoll geschrieben. Ohne Zweifel ein Identifikationsangebot für suchende junge Menschen!

Didaktische Hinweise

Denkbar ist ein vielschichtiges Unterrichtsprojekt zum Rahmenthema Pubertät. Da der Text sich in viele kurze Episoden gliedert, bietet sich eine Konzentration auf verschiedenste Inhalte an; sie können auch als Diskussionsansatz oder für die Vertiefung von einschlägigen Thematiken dienen, die eng mit der Problematik des Erwachsenwerdens verknüpft sind: Wehrhaftigkeit in Extremsituationen, Durchspielen von Gefahrensituationen jeder Art, Selbstfindungsprozesse, Mobbing und die Folgen, aktuelle Amokläufe an Schulen.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 8 bis 12

Fächer

  • Biologie
  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Familien- und Sexualerziehung
  • Philosophie

Erscheinungsjahr

2011

ISBN

9783789143335

Umfang

237 Seiten

Medien

  • Buch