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Alina Herbing: Niemand ist bei den Kälbern

Besprechung

Im Mittelpunkt von Alina Herbings autobiographisch geprägtem Roman steht die etwa 20-jährige Christin, die in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen ist. Die Euphorie der Nachwendejahre ist lange vorbei, der Alltag in der Provinz ist grau und mühsam. Die Aussicht, an der Seite ihres Mannes Jens den bäuerlichen Betrieb des Vaters zu übernehmen, ist für Christin keine attraktive Zukunftsperspektive, die die Tage mit Melken, Mähen und Männer Bekochen verbringt. Jens versteht Christins Bedürfnisse nicht, der Vater säuft, die Dorffeste sind öde. Selbst verfügt Christin lediglich über eine abgebrochene Friseurlehre, sie träumt von dem Leben in einer großen Stadt, das sie nur aus Illustrierten kennt, denn sie liebt Schminke, Frauenzeitschriften und schicke Klamotten. Die desolate Stimmung, die die Ich-Erzählerin beschreibt, wird gleich auf der ersten Seite des Romanes deutlich, als Christin zusammen mit Jens auf dem Mähdrescher sitzt und dieser beim Mähen aus Versehen ein Rehkitz zerhäckselt. Die Szene zeigt wie keine andere im Roman die brutale Eintönigkeit und Gefühlslosigkeit, der die Ich-Erzählerin ausgeliefert ist. Dass Jens angesichts des toten Tieres ausgerechnet von Rehbraten spricht, ist schlussendlich der Auslöser für den weiteren Verlauf der Handlung. Scheinbar beiläufig beginnt Christin Jens zu sabotieren, indem sie ihn belügt und betrügt. Ihre Versuche, die Aufmerksamkeit so auf sich zu ziehen, bleiben allerdings unbemerkt, denn das einzige, was Jens aus der Ruhe bringen kann, sind die sinkenden Milchpreise. Als jedoch der Windkrafttechniker Klaus aus Hamburg auftaucht, glaubt Christin, endlich einen Fluchtweg gefunden zu haben. Sie verlässt Jens und hängt sich an Klaus, der sie im Auto mit nach Hamburg nimmt. Doch auch dort stellen sich Christins Hoffnungen schnell als Illusion heraus, auch dort gibt es für sie keine Perspektive. Was bei der Lektüre von Alina Herbings Romane besonders hervorsticht ist die direkte und unverblümte Sprache, mit der es die Autorin schafft, das von ihr beschriebene Milieu authentisch zu schildern.

Didaktische Hinweise

Auch wenn sich Alina Herbings Roman thematisch nicht direkt als Klassenlektüre in der Oberstufe verorten lässt, kann ihr Roman dennoch als ein Beispiel für moderne Gegenwartsliteratur im Unterricht dienen, denn der Autorin ist es gelungen, in ihrem Debüt einen überzeugenden Gegenentwurf zum konventionellen Bild vom romantischen Landleben zu zeichnen. Darüber hinaus ist der Roman zur privaten Lektüre äußerst empfehlenswert.

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783716027622

Umfang

187 Seiten

Medien

  • Buch