mobile Navigation Icon

Christian Frascella: Meine Schwester ist eine Mönchsrobbe

Besprechung

Eigentlich ist er ein ziemlich armes Schwein mit seinen 17 Jahren, der Ich-Erzähler dieses in Italien mehrfach ausgezeichneten Romans, der für den Deutschen Jugendliteraturpreis 2013, Kategorie Jugendbuch, nominiert wurde. Seit seine Mutter vor zwei Jahren mit einem wesentlich jüngeren Tankwart durchgegangen ist, tröstet sich sein apathisch gewordener Vater, den er immer nur „Chef“ nennt, mit Alkohol, während seine Schwester Francesca, die „Mönchsrobbe“, ihr Heil in frömmelnder Bigotterie sucht. Ihr pubertierender Bruder, nicht eben ein Kraftprotz, versucht die trostlose Situation mit flegelhaftem Raufbold- und Machogehabe zu überspielen. Er fällt dabei mehrfach (auch im wörtlichen Sinne) bös auf die Nase, was ihn aber nicht hindert, weiter zu bluffen und den Helden zu geben. Er verlässt, untragbar geworden, die Schule und sucht in arrogantem Gehabe und großmäuligem Sprücheklopfen Kompensation. Orientierungslos probiert er auf der Suche nach sich selbst alle möglichen Posen aus, redet sich alle Niederlagen und allen Frust schön und glaubt bald selbst an seine Unwiderstehlichkeit. Für seine Schwester hat er nur Verachtung übrig, wie er überhaupt „die Weiber“ nur als Lustobjekte wahrnimmt. Allerdings trifft er in der ausgesprochen wehrhaften Chiara auf eine Frau, die ihn bald fasziniert, gerade weil sie ihm immer wieder unmissverständlich deutlich macht, dass sie einem „größenwahnsinnigen Macker“ wie ihm nicht auf den Leim geht. Ihre „Erziehungsmacht“ über ihn greift dann, als sie den verliebten Gockel mit deutlichen Worten abblitzen lässt.

Inzwischen haben sich auch die häuslichen Verhältnisse der Rumpffamilie deutlich geändert: Der „Chef“ hat eine neue Freundin gefunden, die „Mönchsrobbe“ schließt sich schnell an die Stiefmutter an, man saniert gemeinsam das vergammelte Haus. Nur der Sohn bleibt bewusst und demonstrativ „außen vor“ und riskiert den Rausschmiss aus der neuen Familien- und Lebenssituation. Als aber der „Chef“ plötzlich, von einer lebensgefährlichen Leberblutung betroffen, in die Klinik gebracht werden muss, geschieht der entscheidende Wendepunkt im Leben des jungen Mannes. Jetzt erfährt er Fürsorge und Zuwendung durch seine Schwester, deren Freund sowie durch seine neue Stiefmutter. Sein Schutzpanzer aus Arroganz und Großmäuligkeit wird durch diese Zuwendung aufgelöst, aus dem „Chef“ wird jetzt „mein Vater“, und der Angeber, der sich bisher mit Rollenmustern aus Filmen und aus der gängigen Literatur behelfen musste, findet seine Identität: Seine Traumwelt kracht zusammen, er wird erwachsen.

Der Machotyp, der am Ende aus der eingebildeten Hochstapler-Pose in der Wirklichkeit ankommt – es ist im Grunde das klassische Modell des SchelmenRomanes, hier neu aufgelegt und in zeitgemäß schonungsloser Sprache präsentiert. Keine leichte Kost, vielmehr ein Romane, der Klartext spricht und die Dinge ungeschminkt beim Namen nennt - ohne Rücksicht auf Tabus und Correctness jedweder Art. Aus dem Italienischen übersetzt von Annette Kopetzki. (Für März 2014 ist bei Beltz eine preiswerte TB-Ausgabe angekündigt.)

Didaktische Hinweise

FÜEZ: Heranwachsen, Diskussion über Rollenverteilung in der Gesellschaft, Alltagskompetenz

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch

Erscheinungsjahr

2012

ISBN

9783627001810

Umfang

320 Seiten

Medien

  • Buch