Ken Wilber: Halbzeit der Evolution

Besprechung

Evolution spielt sich für den Biologen meistens in der fortschreitenden Spezialisierung physischer und ethologischer Strukturen ab. So gesehen ist die menschliche Evolution aus morphologischer und ethologischer Sicht auch für den Laien gut nachvollziehbar. Die Veränderung des menschlichen Bewusstseins dagegen, ausgehend von der archaisch, naturgebundenen bis zu der egozentrisch, den Tod fürchtenden Bewusstseinsebene ist zwar bekannt, erschließt sich in ihrer Konsequenz aber nur wenigen Fachleuten. Dabei sollte der Stellenwert dieser psychischen Evolution den der morphologisch/ethologischen Evolution übertreffen. Entwicklungsgeschichtlich forderte jedes Wachstum des Bewusstseins seinen Preis. Ein Gewinn an Erkenntnissen in diesem Bereich wurde von einem gleichzeitigen Anstieg der Befähigung zu zerstörerischen und bösen Aktivitäten begleitet. Der Autor dieses Taschenbuches entwirft hier ein Modell dieser Entwicklung. Er zeigt dem Leser, dass wir erst die Hälfte unseres geistigen Potenzials, das in uns steckt, entwickelt haben und dass wir noch vor einer umfassenden, aber sehr langsam verlaufenden Bewusstseinsevolution stehen. Dabei können wir Bewusstseinsebenen erreichen, die ungefähr vom heutigen Stand so weit weg sind, wie wir in unserer Entwicklung von den Affen. Risiken und Nebenwirkungen dieses Weges liegen in unserer Entscheidung. Wir müssen uns vom Ich-Bewusstsein wegbewegen und zum Überbewussten hinstreben. Der Autor spricht hier vom Abschied einer psychischen Grundhaltung, weg vom aggressiven und arroganten Ego und hin zur Transzendenz des Denkens durch Bewusstheit.