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Gavriel Savit: Anna und der Schwalbenmann

Besprechung

„Anna und der Schwalbenmann“ ist kein einfaches Buch. Das liegt nicht nur daran, dass der Holocaust ein Thema ist, das immer neu entdeckt wird - für jede nachfolgende Generation neu. Der amerikanische Sänger, Schauspieler und Autor Gavriel Savit macht es uns zusätzlich schwer, weil er der Gattung des problemorientierten Jugendbuchs eine fantastische Note hinzufügt. Anna hat im polnischen Krakau unter deutscher Besatzung im Jahr 1939 ihren Vater verloren, einen vielsprachigen Professor, mit dem sie in enger Symbiose gelebt hat. Nachdem keiner der vielen Bekannten und Freunde sie aufnehmen möchte, gerät sie an den „Schwalbenmann“, ebenso polyglott wie sie und ihr Vater, der außerdem auch noch die Sprache der Vögel spricht. Dieser geheimnisvolle Mann rettet sie, indem er ihr beibringt, wie man sich unauffällig durch das besetzte Land bewegt, wie man die eigene Identität ständig verändert. Anna verdankt ihm alles, aber sie kommt ihm nicht näher. Als sich ihnen der gläubige Jude Reb Hirschl anschließt, der in seinem Verhalten alle Vorsichtsmaßnahmen außer Acht lässt, die Anna bei dem Schwalbenmann gelernt hat, wird ihr deutlich, wie distanziert das Verhältnis zu dem Schwalbenmann geblieben war. Hirschl aber singt und spielt, ist auffällig und deutlich als Jude zu erkennen. Dies wird zu seinem Tod führen. Übrig bleiben wieder Anna und der Schwalbenmann, der nach dem Verlust seiner Psychopharmaka völlig in Umnachtung verfällt und nur durch Annas Hilfe überlebt. So hat sich die Verantwortung umgedreht und Anna kann ihren Retter am Ende „davonfliegen“ lassen.

Didaktische Hinweise

Der Roman stellt hohe Ansprüche für den Unterricht, denn wer sich auf die geheimnisvolle Sprache, auf die fantastischen Elemente dieser Erzählung einlassen möchte, braucht erst einmal Vorwissen über die Situation der flüchtenden Menschen in den polnischen Wäldern unter der deutschen Besatzung. Hier hilft der Romane bei vielen Andeutungen nicht weiter und für das Lesen in der gesamten Klasse ist er denn auch durch seine Mehrdeutigkeit für jüngere SchülerInnen sicher eine Überforderung. Interessierten und literarisch begabten Individualisten aber kann man es schon ab der neunten Klasse in die Hand geben. Der Schwalbenmann entfaltet vor Anna, deren Alter merkwürdig ungewiss bleibt, die Macht der Fantasie, was viele Leser dazu verführen könnte, ihn als Jugendliteratur abzutun, sind doch die Kinder der Welt des Fantastischen so viel näher. An manchen Stellen gehen die verrätselten Andeutungen auch den erwachsenen Leser zu weit, allzu philosophisch und geheimnisvoll ist das, was hier erzählt wird. Gleichzeitig bietet der junge amerikanische Autor hier aber eine Umgangsweise mit dem Holocaust an, die gerade dadurch fasziniert, dass keine Antworten gegeben werden, dass nicht alles ausgesprochen oder beschrieben wird, was an Grausamkeiten von Anna erlebt wird.

Gattung

  • Romane

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783570164044

Umfang

268 Seiten

Medien

  • Buch