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Jürgen Seidel: Das Paradies der Täter

Besprechung

Der Neusser Autor Jürgen Seidel hat eine Trilogie vorgelegt, die sich mit dem Nationalsozialismus und seinen direkten Folgen auseinandersetzt: In „Blumen für den Führer“ (2010) beschreibt er, wie Reni der Ideologie erliegt, in „Die Unschuldigen“ (2012) wird am Beispiel von Heidrun gezeigt, wie eine NS-Partisanengruppe versucht, den von den Alliierten eingesetzten Bürgermeister zu töten. Der dritte Band schließlich, „Das Paradies der Täter“, greift ein Setting auf, das eher ungewöhnlich ist: In Argentinien treffen in der Nachkriegszeit die Kinder der exilierten Juden, die „Kippot“, auf die der geflohenen Nazis, der „Weißen“. Die Jugendlichen tragen u. a. auch mit Waffengewalt die Kämpfe ihrer Väter aus. Im Zentrum steht eine „graue Mappe“, eine entlarvende Liste, die die Opfer und Täter aufzählt und nicht in die Hände des israelischen Geheimdienstes Mossad gelangen soll.

Seidel gestaltet aus diesen Elementen einen (Kinder-) Kriminalliteratur, Thriller (Horror, Gruselliteratur) mit Mord, Erpressung und Entführungen. Im Zentrum steht Tom Blume, dessen Vater zu den Nazis gehört und der sich in Abscheu von dieser Familientradition abwendet. In der Schule lässt er glauben, er sei ein Jude, auch weil er sich in die Jüdin Walli verliebt hat. Nach und nach verstrickt er sich in ein Lügengespinst, aus dem er kaum noch herausfindet. Seidel gelingt es, Geschichte spannend nachzuerzählen, man glaubt fast, historische Tatsachen wiederzufinden, doch Seidel selbst betont, dass es ihm vor allem darum geht, glaubwürdig wiederzugeben, was hätte passieren können. Störend sind an einigen Stellen die Kolportage-Elemente, die Seidel einsetzt, um deutlich zu machen, dass die Jugendlichen sich selbst überschätzen und glauben, ohne die verlogenen Erwachsenen die Kämpfe in die Hand nehmen zu können.

Didaktische Hinweise

Das Buch ist allein schon wegen seines Umfangs (400 Seiten!), seines Preises und seiner sehr speziellen Thematik nicht unbedingt als Klassenlektüre für alle geeignet, kann aber geschichtsinteressierte Jugendliche auf jeden Fall faszinieren, da hier ein Aspekt aufgegriffen wird, der bislang – zumindest in der Jugendliteratur – eher ausgespart wurde. Die drei Bände der Trilogie könnten an verschiedene „Spezialisten“, ggf. in der Gruppe oder im Tandem, vergeben werden. Referate und ein gemeinsames Gespräch nach der Lektüre könnte die historischen Hintergründe klären helfen und danach untersuchen, inwieweit Jugendliche auch ohne Erwachsene Geschichte machen können.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 8 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2013

ISBN

9783570155776

Umfang

400 Seiten

Medien

  • Buch