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Benjamin Alire Sáenz: Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums

Besprechung

Dante und Aristoteles haben beide merkwürdige Namen, beide sind mexikanischer Herkunft. Da scheinen ihre Gemeinsamkeiten aber schon aufzuhören. Dante ist kreativ und offen, Aristoteles furchtsam und verschlossen. Das lässt sich auch aus seiner Familiensituation erklären, die von Geheimnissen durchzogen ist: Der Vater ist traumatisiert aus dem Vietnamkrieg zurückgekommen, der viel ältere Bruder ist seit Jahren wegen eines schweren Verbrechens im Gefängnis – warum sagt ihm niemand. Nachdem Aristoteles, der sich lieber Ari nennt, Dante in einem unkontrollierten Impuls das Leben gerettet hat, zieht er sich vor ihm zurück, umso mehr als dieser ihm eröffnet, dass er sich in ihn verliebt hat, was in dem Milieu der Exil-Mexikaner völlig verpönt ist. Und wieder reagiert Ari aus einem Impuls heraus, als er einen Jungen krankenhausreif schlägt, der Dante wegen seiner Homosexualität verprügelt hat. Bis zum Schluss gelingt es ihm aber nicht, über seine eigenen, doch auch sexuellen Gefühle für Dante zu sprechen, die in den USA der 80er-Jahre tabuisiert sind. Benjamin Alire Sáenz, der im letzten Jahr mit dem renommierten PEN/Faulkner Award ausgezeichnet wurde, hat seine eigene Homosexualität bis zum Alter von 54 Jahren verschwiegen und zeichnet in dem sensiblen Coming-out-Roman sicher auch eigene Erfahrungen nach. Sáenz unterrichtet Kreatives Schreiben an der texanischen Universität in El Paso, direkt an der mexikanischen Grenze und hat selbst mexikanische Wurzeln.

Auf den ersten Blick scheint es so, dass zu viele Themen in den Roman verwoben sind, vor allem das Geheimnis um den Bruder im Gefängnis wirkt lange als störendes Beiwerk. Dadurch ergeben sich aber auch immer wieder überraschende Wendungen, die die Spannung in dem 383-Seiten starken Buch erhalten. Die Stärke liegt auf jeden Fall in den Dialogen, die authentisch die Suche der beiden so gegensätzlichen Figuren nach Antworten auf die „Geheimnisse des Universums“ spiegeln, wie es großspurig im Titel heißt. Sáenz gelingt es auch, die Stimmung der Zeit angemessen wiederzugeben und gleichzeitig Fragen anzusprechen, die auch noch Jungen heute spannend finden. Der Roman ist Preisträger (Silbermedaille) des Deutschen Jugendliteraturpreis 2015.

Didaktische Hinweise

Der Roman ist für eine Klassenlektüre nur bedingt geeignet aufgrund seiner Länge, ist vom Literarischen her aber ein Geheimtipp, den LehrerInnen an ihre Schülerinnen und vor allem an ihre Schüler weitergeben sollten. In einer Situation, in der in deutschen Schulen Homophobie weiter üblich ist – vom unreflektierten „Du schwule Sau!“ von Schülerinnen und Schülern der Unterstufe bis zur verdeckten Form der Schwulenwitze, wie sie sich noch in den Abiturzeitungen findet – ist ein durchdacht und ohne große Pathos geschriebener Roman wie „Aristoteles und Dante entdecken die Geheimnisse des Universums“ eine große Bereicherung.

Gattung

  • Romane

Eignung

in Auszügen geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 10

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre

Erscheinungsjahr

2014

ISBN

9783522201926

Umfang

383 Seiten

Medien

  • Buch