mobile Navigation Icon

Dirk Steinhöfel: Die Kinder im Wind

Besprechung

Schon seine Illustration nach P.B. Shelleys „Die Wolke“ wurde kontrovers aufgenommen. Nun hat Dirk Steinhöfel, der es sicher hasst, als der Bruder von Andreas Steinhöfel gehandelt zu werden, ein persönliches Buch vorgelegt, das die Betrachter verstört. Verstört zum einen durch die Ästhetik, eine am Computer generierte Inszenierung von Bildern in 2D, die zwischen Photorealismus und Surrealismus schwanken, die aber auch Elemente des Mangas enthalten und voller komplexer Bezüge sind, die historisch zu deuten nur fast-erwachsene Jugendliche leisten können. Noch verstörender als die Bilder, die nur selten von kurzen Zwischentexten unterbrochen werden, sind aber die Inhalte. Um zerstörte Kindheiten geht es, in verschiedenen Zeiten: In den 1940er Jahren wird das einzige Kind geboren, das einen Namen trägt, Wagner. Zur gleichen Zeit wird ein jüdischer Junge im KZ gezeigt, in den 1960er Jahren lebt in miefigem Interieur ein Mädchen, das von seinem Vater mit dem Gürtel geschlagen wird, in den 80er Jahren Drogenkinder - alle zeigen den Verlust von Unschuld und Kindlichkeit. Zwar findet Wagner zurück zu seinem Elternhaus, von dem er von einer Puppe weggeführt worden war, doch es empfängt ihn nur wieder die gleiche Lieblosigkeit. Steinhöfel deutet das Buch als Spurensuche nach eigenen Missbrauchserfahrungen in seiner Kindheit. Er will nichts beschönigen und bekennt in einem Verlagsinterview: "Dass man alles Schlimme aus der Vergangenheit überwinden kann, dass die Zeit alle Wunden heilt, daran glaube ich nicht." Wenn man meint, man könne das Buch einfach durchblättern, da es kaum Text enthält, so wird man getäuscht: Das sperrige Buch verweist auf andere, aktuelle Verletzungen von Kindern und ist deshalb gerade durch seine Konzentration auf das Bild anrührender als Bücher, die den Betrachtern das Wegschauen erlauben.

Didaktische Hinweise

Das Buch ist eine Herausforderung für den Unterricht, weil es starke Gefühle hervorrufen kann, positive wie negative. Im Deutsch- oder Religionsunterricht kann es daher zum Schreiben zu den Bildern anregen, im Kunstunterricht zu der Auseinandersetzung mit der künstlerischen Arbeit des Illustrators herausfordern. Wichtig ist in jedem Fall, dass die Möglichkeit zum Sprechen über das Buch geboten wird. So sagt Steinhöfel selbst im Interview: "Mein Ziel ist, dass viele Fragen gestellt werden, gerade wenn mehrere das Buch betrachten und dann unwillkürlich eine Diskussion über das Gesehene in Gang kommt. Das Leben ist nun mal kein Obstkörbchen und ich zeige es in all seiner Härte, die es für Kinder bereithalten kann." (Börsenblatt)

Gattung

  • Comics, Comic-Romane, Graphic Novels

Eignung

für die Schulbibliothek empfohlen

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Familien- und Sexualerziehung
  • Kunst

Erscheinungsjahr

2013

ISBN

9783522201902

Umfang

224 Seiten

Medien

  • Buch