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Melinda Nadj Abonji: Schildkrötensoldat

Besprechung

Es ist der dritte Roman der ungarisch-schweizerischen Autorin. Zwei Erzählerstimmen wechseln sich darin ab: Zoltán Kertész, Zoli genannt und Anna, die Zoli Hanna nennt, weil das „H“ die „feinste Möglichkeit sei, sich hinzusetzen, sich auszuruhen“. Was genau die beiden verbindet, wird nicht gesagt, Hanna ist Lehrerin, sie stammt wohl aus der Gegend, der Vojdovina im Dreiländereck zwischen Serbien, Ungarn und Rumänien, und lebt wie die Autorin in der Schweiz. Sie kümmert sich um den Jungen, wohl ihren Cousin, dessen Hauptbeschäftigung im Lösen von Kreuzworträtseln besteht, seit sein Vater, nachdem er ihn mehrfach auf den Kopf geschlagen hat, ihn vom Motorrad hat fallen lassen. Die Kapitel, in denen Zoli erzählt, sind mit durch Bindestriche zwischen den Buchstaben gesperrten Wörtern überschrieben, die aus Kreuzworträtseln zu stammen scheinen. Dazwischen stehen die Erzählungen Hannas, die nach Serbien aufgebrochen ist, als sie die Nachricht von Zolis Tod erhalten hat. Er war 1991 von den Eltern zum Militär geschickt worden, wurde dort gezwungen, seinen einzigen Freund Jenö buchstäblich zu Tode zu schleifen. Als er wieder zu Hause war, wurde er unter ungeklärten Umständen erstickt aufgefunden. Hanna, nach Zolis Tod wieder Anna, macht sich auf den Weg, unterstützt von reichlichen Mengen Xanax, einem Beruhigungsmittel, und sucht die Spuren Zolis in der Militärkaserne, dann im städtischen Archiv, das im Parlamentsgebäude untergebracht ist. Sie trifft einen Archivar, eine fast schon mythische Gestalt, der ihr den Freiheitsplatz vor dem Parlament zeigt und sagt, er müsse eigentlich hinaustreten und „Halt!“ rufen. Das ist eine zentrale Szene, was den historischen Hintergrund, den Zerfall des Staates und den blutigen Bruderkrieg angeht. Hanna stellt Zolis Mutter zur Rede, warum sie den Jungen zum Militär geschickt habe. Die Reaktion der Arbeiterin ist abweisend und grob, wie nicht anders zu erwarten: „der Lauf der Welt sieht das nicht vor, dass aus so einem was wird“. Schließlich besucht Anna das Grab Zolis.

Der Text setzt sich zusammen aus mündlichen und Erzählpassagen, die Sätze hören oft ohne Satzzeichen auf und wirken bruchstückhaft in den Kapiteln, in denen Zoli zu Wort kommt. Dabei gibt es immer wieder starke bildhafte und phantastische Wendungen. Hannas Kapitel sind sachlicher und sprachlich regelmäßiger gehalten.

Didaktische Hinweise

Die Erzählstimmen zu verfolgen kann eine interessante Aufgabe sein und zu einer Personencharakterisierung führen. Es gilt außerdem, den historischen Hintergrund zu untersuchen.

Gattung

  • Romane

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 9 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Ethik/Religionslehre (Evang. Religionslehre
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2017

ISBN

9783518427590

Umfang

173 Seiten

Medien

  • Buch