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Katja Petrowskaja: Vielleicht Esther

Besprechung

In ihrem autobiographischen Romane mit dem Titel „Vielleicht Esther“ erzählt die Autorin in kurzen Kapiteln ihre unabgeschlossene Familiengeschichte. Diese beginnt in der Gegenwart, in der sich die Ich-Erzählerin von Berlin aus in Richtung Warschau aufmacht, um die Lebens- und Sterbensgeschichte ihrer Vorfahren zu ergründen. Ihre Nachforschungen führen sie bis ins Jahr 1864 zurück. Aus einem Zeitungsartikel erfährt sie von einem gewissen Simon Gellert, der in Wien eine Schule für taubstumme Kinder gegründet hat. Ausgehend von dieser ersten Spur führt die Autorin den Leser Schritt für Schritt in ihre komplizierte Familiengeschichte ein. Anstatt den Stoff episch aufzuarbeiten, verbindet Petrowskaja ihre durch Recherchen gewonnenen Erkenntnisse mit ihren eigenen Erinnerungen an ihre jüdisch-stämmige Familie in Kiew. Dabei wird ihre Suche nach der eigenen Identität schnell zu einer Suche nach der kollektiven Identität: Die Schicksale der Familienmitglieder sind eng verbunden mit dem Schicksal der jüdischen Nation. So leben z. B. die grausamen Ereignisse in der Erinnerung der beiden Großmütter der Autorin weiter – beide hatten zwar die deutsche Besatzung Kiews im Zweiten Weltkrieg überlebt, dennoch hatten sie beide in der Wahrnehmung der Enkelin „nicht mehr alle Tassen im Schrank“. Ungläubigkeit und Komik sind denn auch der Grundton, der den Roman prägt, gerade dann, wenn die Situation besonders bedrückend ist.

Didaktische Hinweise

Katja Petrowskajas Roman, der 2014 für den Leipziger Buchpreis nominiert wurde, ist nicht nur für Erwachsene, sondern auch für Schülerinnen und Schüler der Oberstufe lesenswert; denn die Reflexionen der Autorin führen den Leser in eine Zeit zurück, in der nationale Grenzen und Zuschreibungen von Volksangehörigkeit über Leben und Tod bestimmten. Die Tatsache, dass die aus der Ukraine stammende Autorin, die 1970 in Kiew geboren wurde, heute in Berlin lebt, Deutsch spricht und schreibt und in ihrem Roman mit großer Leichtigkeit Schauplätze in Polen, der Ukraine, Russland, Österreich und Deutschland verbindet, machen aus ihren persönlichen Erinnerungen auch einen europäischen Roman.

Ein Gespräch mit der Autorin findet sich unter: www.suhrkamp.de/mediathek/k_petrowskaja_vielleicht_esther_gespraech_781.html

Gattung

  • Romane

Eignung

als Klassenlektüre geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 10 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Geschichte

Erscheinungsjahr

2014

ISBN

9783518424049

Umfang

285 Seiten

Medien

  • Buch