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Didier Eribon: Rückkehr nach Reims

Besprechung

Nch dem Tod seines gehassten Vaters kehrt Didier Eribon zum ersten Mal seit seinem Schulabschluss in seine Heimatstadt zurück. Von da an besucht er seine Mutter wieder öfter, hört sich ihre Geschichten an, betrachtet alte Photos und beginnt mit diesen Aufzeichnungen. Anlass ist die verwunderte Feststellung, dass er seine Herkunft aus einem homophoben Milieu sehr wohl bewusst betrachtete, nicht aber seine soziale Herkunft aus dem Arbeitermilieu, obwohl beides zusammenhängt. Er stellt fest, dass er, der Marxist und spätere Sozialist, vergessen oder nie erfahren hatte, wie seine Eltern lebten. Seine Publikationen (z. B. „Reflexions sur la question gay“) hatten die sexuelle Scham zum Thema, nicht die soziale. Nun erfährt man mit Didier Eribon, wie es Arbeitern, besonders Frauen, die keine Rechte hatten, in den fünfziger und sechziger Jahren erging, wie sie arbeiteten, Kinder bekamen oder abtreiben ließen, wie sie ihre Kinder behandelten oder weggaben und wie sie wohnten. Er analysiert die Wendung vieler radikaler Linker zum Front National als eine Konsequenz aus der Nichtachtung der etablierten Parteien den Arbeitern gegenüber. Auch die Folgen des Siegs der Sozialisten 1980 werden dabei deutlich. Die bewusst volkstümlich auftretende Marine Le Pen in ihren Billigklamotten scheint den „classes populaires“ Respekt zu zollen, zumindest wählen sie FN, um es den anderen „zu zeigen“. Neben einer Geschichte von Frankreichs Arbeiterschaft nach dem Zweiten Weltkrieg ist der Band auch ein Überblick über die intellektuelle Entwicklung dieser Jahre: Eribon war befreundet mit Foucault und Schüler von Bourdieu. Endlich ist das 2009 in Frankreich erschienene Buch von Tobias Haberkorn in ein sehr gut lesbares Deutsch übersetzt worden.

Didaktische Hinweise

Zumindest in Auszügen sollten Oberstufenschülerinnen und Schüler Eribon lesen, um Frankreich und Europa verstehen zu können. Ergänzend dazu Emanuel Todds demographische und anthropologische Untersuchungen („La nouvelle France“) sowie Christophe Ghuilluy „La France périphérique“.

Gattung

  • Kurzprosa, Erzählungen, Textsammlungen, Tagebücher

Eignung

themenspezifisch geeignet

Altersempfehlung

Jgst. 12 bis 13

Fächer

  • Deutsch
  • Französisch
  • Sozialkunde/Politik und Gesellschaft

Erscheinungsjahr

2016

ISBN

9783518072523

Umfang

238 Seiten

Medien

  • Buch